Hamburg. Das Schleswig-Holstein Musik Festival mit Xavier de Maistre und drei „Danke“-Konzerten im Großen Saal.

Ganz knapp vor der Ziellinie noch einmal anhalten, sich erleichtert umsehen und bei den Unterstützern am Spielfeld-Rand fürs Durchhalten in diesem so eigenartigen „Sommer der Möglichkeiten“ bedanken. So in etwa dürfte die charmante Ideenwerdung ausgesehen haben, die damit endete, dass das Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF) am Sonnabend drei kleine Extra-Runden im Großen Saal der Elbphilharmonie drehte. Ein Bonus, einen Tag vor dem vergleichsweise großen Finale mit Beethovens Fünfter und Thomas Hengelbrock in Neumünster, allerdings nur vor geladenen Gästen.

Für diese SHMF-Stammgäste und -Förderer holte der noch unter normaleren Umständen als Residenzkünstler eingeplante Harfenist Xavier de Maistre dort zumindest einen Teil seines Virtuosen-Pensums nach, vor corona-gerecht sehr luftigen Reihen und mit demonstrativ großer „DANKE“-Deko im Rücken.

Ein Baiser aus Noten

Harfe solo, das erste Kurz-Konzert des Tages, der nach einer musikalischen Lesung mit Martina Gedeck enden sollte, das ist nach wie vor ein Angebot für Gourmets. Doch nicht nur auf die kurze Entfernung ins Parkett war der erste Auftritt auch eine fein durchhörbare Bestätigung dafür, dass die Details den Gesamteindruck formen und rasant überraschen können. Die c-Moll-Sonate op. 2/3 der fünf Jahre nach Beethoven geborenen Schottin Sophia Giustina Corri-Dussek – für kundiges Fachpersonal sicher ein gängiger Harfen-Repertoire-Klassiker – perlte elegant und mit klassischer Brillanz lieblich leicht in den Raum. Ein Baiser aus Noten.

Die Bearbeitung von Liszts „Le Rossignol“, selbst schon eine Bearbeitung, bot schillernde neue Klangfarben, die man in dieser Form aus keinem Konzertflügel zaubern könnte. Mit Faurés Impromptu Nr. 6 folgte ein spätromantisches Bravourstück, bevor zwei Debussy-Hits – die Arabesque Nr. 1 und das fein funkelnde „Clair de lune“ – verträumte Etappen-Etüden vor dem Finale waren. In der „Légende sur Les Elfes de Leconte de Lisle“ von Ravels Zeitgenossin Henriette Renié war voller Einsatz notwendig. Ein prallromantisches Gedicht von einem Stück, beladen mit rauschhaft brausenden Kadenzen, erstaunlichen Drehungen und Wendungen und raffiniert inszenierten Überraschungen. Ein Ein-Harfen-Orchester ist dort notwendig, und de Maistre spielte das alles mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre es lediglich eine lässige Aufwärm-Fingerübung.

C-Dur-Harfenkonzert von Boieldieu mit viel Charme

Viel Beifall, drei Stunden Pause, neue Gäste im Saal am frühen Abend, ganz andere Facetten auf der Bühne. Mit 14 bis 17 Streichinstrumenten war das Aufkommen beim Orchester-Konzert überschaubar und die Deutsche Kammer- eher eine Kämmerchenphilharmonie aus Bremen. Doch auch ohne größeres Besetzungs-Besteck hatte das C-Dur-Harfenkonzert von Boieldieu – schon als unterhaltsamer Opern-Komponist kaum noch bekannt – viel Charme.

Mit der (harfenlosen) Streicherfassung von Tschaikowskys „Souvenir de Florence“, eigentlich ein Sextett, stand danach ein nicht direkt gehalt- und anspruchsvolles Hauptwerk auf dem Programm. Doch so schwergewichtig war dieser Tag ja auch nicht angelegt worden. Der Zweck veredelte auch Stückchen wie dieses, die Bremer spielten diese Petitesse mit der gleichen souveränen Inbrunst, als hätten sie Wichtigeres vor sich auf den Notenpulten gehabt.