Hamburg. Originelle Inszenierung und brillantes Ensemble: Ettore Prandi griff in den Werkzeugkasten, den Mozart auch benutzt hätte.
An Mozarts „Zauberflöte“ kommt kein Opernhaus vorbei. Allerdings würden es wohl die wenigsten Häuser wagen, das Stück ohne eine live spielende Flöte im Orchester auf die Bühne zu bringen und diesen Part stattdessen elektronisch zuzuspielen. Ganz anders die Hamburger Kammeroper, die sich in bewährter Manier eine brillant eingedampfte Fassung der Originalpartitur erstellt hat, die am Freitag in der Max-Brauer-Allee Premiere hatte.
Das Besondere an der Version des musikalischen Leiters Ettore Prandi ist nun aber, dass er für seine reduzierte Fassung in den gleichen Werkzeugkasten gegriffen hat, den Mozart vielleicht auch benutzt hätte. Um ohne die Einbeziehung eines Streichorchesters möglichst nah an Mozarts Klangvorstellungen zu bleiben, wählte er mit jeweils einer Oboe, Klarinette, einem Fagott, einem Horn und einem Klavier exakt die Besetzung von Mozarts Bläserquintett Es-Dur KV 452 aus dem Jahr 1784. Ein Stück, das Mozart, der die Querflöte seiner Zeit übrigens wenig schätzte, selbst für eines seiner besten Kammermusikwerke gehalten hat.
Hamburger Kammeroper: Fantasievolle Miniformate
Mit der Inszenierung des Stücks von Toni Burkhardt zeigte die Hamburger Kammeroper einmal mehr, dass ihre fantasievollen Miniformate bekannter Opernliteratur neben großen Bühnen wacker bestehen können. Der Regisseur und derzeitige Operndirektor am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin ergänzte das Märchen von Menschen, die das Böse besiegen und ihrer inneren Stimme folgen, um eine charmante Rahmenhandlung. Wir sehen einen kleinen, von Benjamin Valet mutig gespielten Jungen im Pyjama im Konflikt mit seiner Mutter um das leidige Thema des Zubettgehens.
Am Ende schläft er dann doch ein und träumt die „Zauberflöte“, in die er als Kunstfigur auch im weiteren Verlauf immer wieder eingreift. Mit Hilfe von Kathrin Keglers bunt und aufregend gestalteten Räumen auf der kleinen Bühne entfaltet sich die Geschichte.
Kostüme schillern, Sänger brillieren
Die bedrohliche „Königin der Nacht“ (famos von Juliet Petrus gesungen) ist als übergroße Puppe mit breitem Rock im Hintergrund dauerpräsent. Später zerfällt diese Figur in zwei Hälften. Zum Erfolg der Inszenierung trug aber ganz wesentlich die hochbegabte und der Kammeroper schon lange verbundene Lisa Überbacher mit ihren schillernden Kostümen bei. Der Tenor Gevorg Aperánts als Tamino, der stimmlich nicht ganz so überzeugen konnte, war in ein weißes Gewand mit einer an Pastoren erinnernden Halskrause gekleidet.
Der schauspielerisch und sängerisch hinreißende Titus Witt in der Rolle des Papageno trug auf nackter Haut einen grünen Gehrock aus Samt mit allerlei Federschmuck. Joshua Spink als Monostatos sah mit seinen wie eine Ziehharmonika gefalteten Ärmeln aus wie eine sich ständig verwandelnde Echse. Großartig war die Idee, dass die drei allesamt brillant singenden Damen mittendrin die Röcke fallen ließen und sich in drei Knaben mit Prinzenhosen verwandelten.
Als Begleitung für die voraufgenommenen Flötensoli wählte Ettore Prandi mit Blick auf Mozarts bekanntes Flöten-Harfen-Konzert C-Dur übrigens eine Harfe. Ein bewegender Moment war es, als der Kämpfer für Reinheit und Standhaftigkeit Sarastro (Bruno Vargas mit etwas zu schwacher mittlerer Lage) am Ende dem kleinen Jungen mit einem Messer in der Hand gegenüberstand und sich selber schämen musste.
„Die Zauberflöte“ nächste Vorstellungen 28. und 29.2., jeweils 19.30, Karten ab 32,-, Allee Theater – Hamburger Kammeroper (S Altona, Busse 15, 20, 25, 183), Max-Brauer-Allee 76, www.kammeroper.alleetheater.de