Hamburg. Max Pross inszeniert „Das Totenfest“ im Rangfoyer des Schauspielhauses in Hamburg. Doch das Stück bleibt ohne Höhepunkt.

Eine Szenerie wie im Traum. Eine gelbe Schlange räkelt sich wollüstig als Bodenmuster. Ein Spiegel, ein Schminktisch, eine Liege, viele robuste Topfpflanzen. „Ich liebe ihn noch immer“, sagt Josef Ostendorf. Und schießt gleich dreimal auf Paul Behren, den so angesprochenen Jüngling, mitten in diesem offenen Dschungel (Bühne: Mara-Madeleine Pieler), hinter dem das Rangfoyer des Schauspielhauses kaum noch erkennbar ist. Der junge Regisseur Max Pross inszeniert hier „Das Totenfest“ als theatrale Installation auf Basis von Auszügen aus dem gleichnamigen Roman von Jean Genet.

Er erzählt von der Liebe eines älteren Mannes, Ostendorf, zu einem jungen Milizionär mit Namen Jean Decarnin, einem zwanzigjährigen Kommunisten, der während der Befreiung von Paris im August 1944 starb. Und er erzählt gleichzeitig von einer poetisch imaginierten Bewunderung für die Besatzer. Diese ist aber als tragische Anerkennung gesellschaftlicher Vorurteile über Homosexualität zu verstehen, einer gleichsam ästhetischen Veredelung des „Abseitigen“. In einem Travestie-Auftritt Ostendorfs mit Hitlerbärtchen wird sie auf verstörende Weise deutlich.

Die Männer spielen großartig und überzeugend

„Die Messe, die ich las, galt gleichermaßen der Beerdigung und der Hochzeit“, sagt der sichtlich bewegte Ostendorf, bald an einem Tisch rauchend und Rotwein herunterspülend. Die lyrische Trauerklage um den Geliebten ruft Szenen des gemeinsamen Lebens hervor. Solche des Begehrens, der Schamlosigkeit, auch der Eifersucht und des Streits. Ostendorf nennt Behren „Schlampe“ und „Nuttengesicht“. Behren tanzt mindestens so viel, wie er spielt, es wirkt, als jage er Stromstöße durch seinen Körper.

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Die Liebe und Verzweiflung der Männer berührt, weil beide das großartig und überzeugend spielen. Max Pross gelingen schöne, traumartige Szenen. Dennoch bleibt die Inszenierung ohne Höhepunkt. Der Wille zum Besonderen geht mitunter zu Lasten des Ganzen. Es ist, als würde man zwei lose Enden dieser Beziehung und zugleich des Denkens verfolgen, die jedoch ins Leere führen.

„Der Dichter beschäftigt sich mit dem Bösen. Es ist seine Rolle, die Schönheit zu sehen, die sich im Bösen findet, und sie hervorzubringen“, sagt Josef Ostendorf an einer Stelle. Dieses scheinbar asoziale Moment des Autors, es wird an diesem Abend greifbar, der aber von Liebe mindestens ebenso sehr handelt wie von Tod und Gewalt.

„Das Totenfest“, ab 16 Jahren, weitere Vorstellungen am 27.11., 21.00, 8.12., 20.30, 9.12., 19.30, Rangfoyer im Schauspielhaus,
Kirchenallee 39, Karten unter T. 24 87 13