Hamburg. Der Ire spielte in der Barclaycard Arena zwei Alben komplett – und seine Hits. Für Johnson hat er schon ein Weihnachtsgeschenk.

Zwischen den muskelbepackten Hünen verschwindet Chris de Burgh fast. Die Bodyguards aus der Klitschko-Gewichtsklasse begleiten den kleinen Iren mit derart entschlossenen Mienen, als müssten sie ihn durch feindliches Terrain lotsen. Dabei schreitet der Barde nur durch die Reihen seiner Fans in Hamburg, während er „Lady in Red“ singt, seinen größten Hit. Hier eine Umarmung, dort ein Selfie. Die Rückfahrt nach dem Konzert in der Barclaycard Arena zum Hotel dürfte für Chris de Burgh gefährlicher gewesen sein als sein obligatorisches Bad in der Menge.

Aber vielleicht diktiert sein Management die strengen Regeln, wer weiß das schon. Am Sonntagabend jedenfalls war Chris de Burgh wieder in der Barclaycard-Arena, fast ausverkauft, allerdings in der kleinen bestuhlten Theater-Variante. Er präsentiert diesmal kein neues Album, macht nichts, die meisten seiner Anhänger wollen ohnehin die Hits hören, die ihn vor allem in den 80er- und 90er-Jahren mit 50 Millionen verkauften Tonträgern und rund 200 Platin- und Goldauszeichnungen zu einem der erfolgreichsten Popmusiker weltweit gemacht haben.

Chris de Burgh spielt zwei Alben komplett

Und doch geht der in Argentinien geborene Diplomaten-Sohn bei seiner aktuellen Tour einen ungewöhnlichen Weg. Mit „Moonfleet“ und „Into the Light“ spielt er zwei Alben komplett, dann folgt eine Auswahl seiner größten Hits – wie immer dauert sein Konzert, unterbrochen von einer zwanzigminütigen Pause, drei Stunden.

Für „Moonfleet“, die 2010 erschienene musikalische Adaption der Meade-Falkner-Erzählung über Schmuggler, Piraten und – natürlich – die große Liebe, holt Keyboarder Nigel Hopkins mit den Soundtechnikern alles aus dem elektronischen Maschinenraum heraus. Sphärische Fidel-, Flöten- und Akkordeon-Klänge, dazu eine raue Erzählstimme aus dem Off – mehr Klangteppich geht nicht. Statt in die etwas überladene maritime Bühnen-Deko mit Tauen, Fässern und Laternen hätte der Sänger vielleicht besser in weitere Musiker investieren sollen, die die Original-Instrumente spielen.

Ein Fisch als Weihnachtsgeschenk für Boris Johnson

Sei’s drum. Nach der Pause dreht Chris de Burgh in gewohnter Manier auf. Bei „Into The Light“ - mit diesem Album gelang ihm 1986 der internationale Durchbruch - tritt der Ire seine musikalische Zeitreise an. Die Band macht mächtig Druck, allen voran der frühere Robbie-Williams-Gitarrist Neil Taylor. Und auch mit 71 Jahren hat die Stimme von Chris de Burgh nichts von ihrem Glanz verloren.

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Vor „Rosanna“ - das Lied schrieb er für seine 1984 geborene Tochter - sagt de Burgh, dass es nichts Emotionaleres gebe als ein Baby in der Hand zu halten. Dies gelte auch für Großeltern, eine Ansprache, die eher dem Altersschnitt seiner Fans entspricht. Ovationen gibt es für das Anti-Kriegs-Lied „Borderline“ und für eine kurze Rede gegen den Brexit.

Zu gern, sagt Chris de Burgh, würde er Boris Johnson vor Heiligabend einen Fisch schicken, den er dann nach der Rückkehr aus seinem zweiwöchigen Weihnachtsurlaub in der Downing Street 10 vorfinden würden. Am Ende ist die gesamte Arena „High On Emotion“. „Danke Hamburg“, sagt Chris de Burgh noch. Und verspricht: „Ich komme bald wieder.“