Hamburg. „Der Untergang des Hauses Usher“ feierte Premiere. Einer auf der Bühne erinnert an Ozzy Osbourne und Marilyn Manson.
Er gilt bis heute, 170 Jahre nach seinem Tod, als Pionier der Kriminal-Literatur. Der US-amerikanische Schriftsteller Edgar Allan Poe (1809–1849) hat mit seinen Horror- und Detektiv-Erzählungen auch das Genre der Kurzgeschichte geprägt, war dank seiner Poesie hierzulande für manche Schüler Wegbegleiter im Englisch- oder Deutschunterricht.
Insofern überrascht es, dass das Imperial Theater, nach dem Abschied vom Sektor Musical 2003 inzwischen die führende deutsche Krimibühne, erst in seiner 25. Jubiläums-Saison auf Poe gestoßen ist.
"Untergang des Hauses Usher" – zweite Saisonpremiere
Dessen erster großer Erfolg, „Der Untergang des Haues Usher“, feierte nach der vorherigen aufwendigen deutschen Erstaufführung des Musiktheaterstücks „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ jetzt als zweites Stück dieser Spielzeit Premiere. Ein schönes Schauermärchen, das Intendant Frank Thannhäuser, wie so oft für Regie und Ausstattung in Personalunion verantwortlich, da passend zur trüben und dunklen Jahreszeit auf die Bühne gebracht hat. Alles In kompakten 75 Minuten mit nur vier Schauspielern in der für Poe typischen morbiden Atmosphäre.
In dieser trostlosen Umgebung gelangt Edward Foster aus Boston zum einsamen und von Verfall bedrohten Familiensitz der Ushers. Er möchte seine Verlobte Madeline in die prosperierende US-Ostküstenstadt holen. Doch da sei ihr Bruder Roderick vor: Er ist der personifizierte Fluch, der über dem Haus und dem Geschlecht der Ushers liegt. Ritterrüstungen fallen um, Treppen knarren, Steine bröckeln von der Decke, es knallt schon mal laut. Tageslicht? Nicht nur in der Familien-Gruft Fehlanzeige.
Manchmal erinnert Ulrich Schaller an Ozzy Osbourne – oder Marilyn Manson
Ulrich Schaller, in der Vergangenheit in manchen Imperial-Krimis als Inspektor etwas blass, spielt den Roderick (alternierend mit Gosta Liptow) mit all seiner Zerrissenheit, in krankhaftem Wahn und dem Wunsch nach geschwisterlichen Nähe. Unter seiner Maske und mit Langhaar-Perücke ähnelt Schaller einer Mischung der Metal-Rocker Ozzy Osbourne und Marilyn Manson, zeigt aber unabhängig davon eine facettenreiche und saubere schauspielerische Leistung.
Weil es Regisseur Thannhäuser – sofern bei dieser Art theatraler Horrorshow möglich – noch zwischen Madeline und Edward knistern lässt, erlangt die von Stefan Hillers Musik stimmungsvoll verstärkte Handlung sogar eine romantische Note. Jessica Neumann spielt ihre Figur mit zarter Verletztheit und immanenten Schwächeanfällen, hin- und hergerissen zwischen Familie und Verlobtem.
Der Hausdiener bleibt den Ushers gegenüber jovial bis zum Schluss
Patrick Michel versucht als Edward mit dem Kerzenständer Licht ins Dunkel zu bringen, wandelt sich vom recht naiven zum kämpferischen Mann, könnte seiner Nebenrolle als Erzähler aber noch etwas mehr Nachdruck verleihen. Als Edward die vermeintlich schon im Sarg begrabene Madeline wieder befreit, nimmt das Drama vollends seinen Lauf.
Und Dieter Schmitt, auf der Imperial-Bühne zuletzt in zwei Stücken als polizeilicher Ermittler tätig, darf als Hausdiener Perkins nicht nur den Haferschleim für die schwächelnde Madeline anrühren. Er bleibt dem Hause Usher gegenüber jovial bis zum Schluss. Seinen Rat an Edward, „Fliehen Sie!“, sollten die Theaterzuschauer indes nicht wörtlich nehmen …
„Der Untergang des Hauses Usher“ bis Ende Februar 2020, jew. So 19.00, Di 20.00, Imperial (U St. Pauli), Reeperbahn 5, Karten zu 16,- bis 34,-: T. 31 31 14; www.imperial-theater.de