Hamburg. Der Jazz-Virtuose und Anarcho-Komiker spielte beim ersten von zwei Stadtpark-Konzerten meist das, was ihm gefällt.

Das verhaltene Geburtstagsständchen der 4000 Helge-Schneider-Fans beim Stadtpark-Open Air kam am Sonnabendabend zwar einen Tag zu spät, aber „die singende Herrentorte“ gab sich flexibel: „Tun wir einfach mal so, als hätte ich heute noch mal Geburtstag“. Der Mühlheimer Jazz-Virtuose und Anarcho-Komiker ist stolze 64 Jahre alt geworden. Doch von Burnout oder Ruhestand keine Spur: Sexuell fühle er sich wie 20 und im Kopf wie fünf – mehr könne man ja heutzutage kaum erreichen.

„Wo ist die Party? Hier ist die Party“, krakeelt Helge fast pünktlich, um kurz nach 19 Uhr, seinem gut gelaunten Publikum entgegen und eröffnet mit „Dääänce To Se Music“ locker-flockig tänzelnd das ausverkaufte Freiluftkonzert seiner „Pflaumenmus“-Tour. Es ist August, es ist Pflaumenzeit – da lag der Name für die Tournee selbstverständlich auf der Hand. Zwar rutscht die viel zu große Anzughose, und das rosafarbene Hemd trieft vor Schweiß: „Aber wat will man machen, is halt Sommer“, stellt Helge treffend fest und entledigt sich unter johlenden Rufen seines Jacketts.

Sergej Gleithmann sorgt für quietschende Geigen-Soli

Neben der dreiköpfigen Jazzband, bestehend aus Schlagzeug, Kontrabass und Gitarre, bekommt Helge auch von langjährigen Tourbegleitern Verstärkung. Wie gewöhnlich sorgt der wortkarge Tee-Butler Bodo Oesterling im roten Frack mit Kamillentee für die nötigen Verschnaufpausen, und Dauerbrenner Sergej Gleithmann, der schon in mehreren Schneider-Filmen mitgespielt hat, für schaurig quietschende Geigen-Soli. Carlito aus Caracas wird als venezolanischer „Stargast“ gleich mehrmals von Helge auf die Bühne gebeten, um mit seiner schrillen Tröte das Publikum zu piesacken – so mancher hält sich mit verzerrtem Gesicht die Ohren zu.

„Katzeklo“ spielt Schneider, auch Songs vom neuen Album „Partypeople“

Auf große Hits wie „Sommer, Sonne, Kaktus“, „Meisenmann“ oder „Es gibt Reis, Baby“ warten einige Fans vergeblich, die seien laut Schneider ja schließlich „erhältlich“. Bis auf ein paar Evergreens wie „Katzeklo“ und „Wurstfachverkäuferin“ spielt er, außer vielen Songs vom neuen Album „Partypeople (beim Fleischer)“, am liebsten, was ihm so in den Sinn kommt.

Da fällt das Mitsingen natürlich nicht leicht. Selbst sein Jazz-Trio wird durch die Improvisationslust des Multi-Instrumentalisten gehörig auf Trab gehalten.

„Eddie Shit“ - Schlagzeuger nimmt’s mit Humor

Schlagzeuger Thomas Alkier krümmt sich dabei vor Lachen und fällt, während er mit seinem Jazzbesen die Snare zum Rauschen bringt, fast vom Hocker. Nach einem kleinen Patzer nennt ihn Helge nur noch frech „Eddie Shit“ – Alkier nimmt es mit Humor. Trotz aller Alberei: Über Fehler und Unstimmigkeiten spielt er nicht einfach hinweg. Wenn Helge etwas nicht passt, wird abgebrochen und neu gespielt: „Ich hör die Töne nicht, noch mal von vorn“. Der musikalische Anspruch des Entertainers ist bekanntlich sehr hoch.

Am Sonntagabend gibt der Unterhaltungskünstler noch ein Zusatzkonzert vor dem grünen Halbrund der Freiluftbühne. Noch eine Gelegenheit für ein etwas beherzteres Geburtstagsständchen – trotz zweitägiger Verspätung.