Hamburg. . Beim gelungenen Auftakt des zweiten Resonanzraum Festivals werden keine Erwartungen erfüllt, sondern bloß geweckt.

Vier Streicher singen sehnsuchtssatte Melodien, sie kosten Reibungen aus und drängen gemeinsam voran. Aber dann ist erstmal Schluss mit Schwärmerei. Mehr als ein Satz aus Fanny Hensels herrlichem Streichquartett ist uns nicht gegönnt. Natürlich nicht. Denn wenn sich das Ensemble Resonanz in seinem zweiten Resonanzraum-Festival auf die Suche nach dem Romantischen macht, werden keine Erwartungen erfüllt, sondern bloß geweckt, um sie gleich wieder in Frage zu stellen.

So wie das fahlgrüne Licht im Resonanzraum die Kühle einer bleichen Waldesnacht beschwört und zugleich die Nacktheit der Betonwand betont, so konfrontiert auch das Festival die Emphase und die Ideologie der Romantik mit der Realität des 21. Jahrhunderts.

Perspektivwechsel gehört zum Programm

Der Perspektivwechsel gehört zum Programm. Bevor der krasse Tierfilm „Dragonflies with Birds and Snake“ am späten Abend die Netzhaut mit einem grellen Staccato von Insekten- und Vogelbildern beflackert, eröffnet das Ensemble Resonanz sein Festival mit einem Konzert unter dem Motto „Waldgespräche“. Ein Dialog zwischen Romantik und Gegenwart, zwischen Natur und Mensch und verschiedenen Kunstformen.

Carola Bauckholts „Doppelbelichtung“ für Violine solo und Elektronik – von Gregor Dierck fantastisch gespielt – inszeniert ein Zwiegespräch der Geige mit gesampelten Naturlauten. Vogelstimmen und Geige zwitschern, zirpen und knattern virtuos um die Wette. Ja, knattern. Ein Specht ist nämlich auch dabei, sein Geräusch wird auf der Saite nachgeknarzt.

Wärme der Werke wirkt besonders warm

Nicht der einzige witzige Moment. Auch die Textcollage, die der Sound-Performance-Künstler Korhan Erel ins Mikro murmelt und mit elektronischen Sounds unterlegt, spielt mit der Ambivalenz aus Ernst und ironischer Brechung.

Im Kontext dieser gezielten Ernüchterungen wirkt die Wärme der romantischen Werke besonders warm. Wenn der Pianist Cornelis Witthoefft der zarten Glut in Fanny Hensels Liedern für Pianoforte nachspürt, aber auch wenn das Ensemble Resonanz mit der exzellenten Sopranistin Christina Landshamer erst die Farben im „Waldgespräch“ von Alexander Zemlinsky ausleuchtet – und später, zum Abschluss des starken Festivalauftakts, die Sieben frühen Lieder von Alban Berg in die kontrollierte Ekstase führt.