Hamburg. Im First Stage Theater feiert der Gruselklassiker Premiere. Das Stück überzeugt mit viel Liebe zum Detail inszeniert und Spannung.
Dieser Show ist zu wünschen, dass all die Busladungen an Musicalfans, die die großen Häuser in Hamburg besuchen, ihren Weg auch ins First Stage in Altona finden. In dem knapp 300 Plätze fassenden Theater feierte nun „Carrie“ Premiere, also ein früher Stoff von Horrorautor Stephen King – und somit ein Risiko für die erst vor drei Jahren eröffnete Musikbühne, wie Theaterleiter Thomas Gehle in seiner Eröffnungsansprache erläuterte. Statt nur auf Feelgood-Programme wie „Fame“ oder Best of-Revuen zu setzen, wagt das Team um Regisseur Felix Löwy den Sprung in weniger behagliche Gefilde sowie mitten hinein ins Kunstblut.
Carrie (wunderbar wandlungsfähig: Lorena Dehmelt) lebt in zwei Höllen: Ihre Mutter (Musicalprofi Maya Hakvoort) versucht, sämtliche aufkeimenden Teenagergefühle im religiösen Wahn zu ersticken. In der Schule wiederum wird das verhuschte Mädchen schnell zum Opfer von Mobbingattacken. Bis Carrie merkt, dass die Rachefantasien, die in ihr aufsteigen, Wirklichkeit werden.
Show startet mit kesser Brutalität
Das Publikum ahnt schnell: Das wird nicht gut ausgehen. Doch anstatt zu sehr auf Splatter und Knalleffekte zu setzen (die natürlich nicht fehlen), zeigt das Stück vor allem eindrucksvoll die psychologische Ebene und die Dynamik zwischen den Figuren. Eine grandiose Leistung des Ensembles, bestehend aus Absolventen der Hamburger Stage School, Deutschlands größter privater Bühnenfachschule.
Bereits die Auftaktnummer macht mit viel Schwung die Hackordnung an der Highschool deutlich. Mit kesser Brutalität und reichlich Rock-’n’-Roll-Spirit treibt Chris (toll besetzt: Alexandra Nikolina) ihr sadistisches Spiel mit Carrie. Ihre Devise: Wenn du nicht trittst, dann treten sie dich.
Das Publikum ist näher dran
Während alles auf das große Finale, den Abschlussball, hinsteuert, ist in Gegenschnitten das Verhör der Schülerin Sue (mit viel Gefühl: Larissa Pyne) zu sehen, die über den schrecklichen Ausgang der Nacht berichten soll. Diese Solo-Sequenzen bilden einen starken Kontrast zur äußerst zuckersüßen Welt des Schultanzes. Wie auch das Bühnenbild (Felix Wienbürger), ein vernageltes Spukhaus, die gesamte Atmosphäre mit etwas Unergründlichem auflädt.
Sowohl bei energiegeladenen Gruppenchoreografien als auch bei balladesken Wechselgesängen ist die große Qualität des First Stage zu spüren: Das Publikum sitzt einfach näher dran als in großen Theatern. Das Geschehen lässt sich hautnah miterleben. Die aus dem Off zu hörende Band spielt kraftvoll und dynamisch, setzt aber auch angemessen schauerliche Akzente. Insgesamt ist „Carrie“ mit viel Liebe zum Detail inszeniert und bietet Spannung bis in die Haar- und Fingerspitzen.
„Carrie“ bis 15.7., Theater First Stage (Bus 112), Thedestraße 15, Karten 36,- bis 66,- in der HA-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, Ticket-Hotline T. 30 30 98 98;
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