Hamburg. Angetackerte Haare, Witze über Sex und die Menopause: Barbara Schöneberger bedient sich auch bei Helene Fischer.

In großen Lettern hängt das Motto des Abends über der Bühne des nicht ganz ausverkauften Mehr! Theaters: „Eine Frau gibt Auskunft“. Das kann Verheißung aber auch Drohung sein – ihr Debüt hatte Barbara Schöneberger „Jetzt singt sie auch noch“ genannt.

Und bei aller zu Markte getragenen Selbstironie, die Fernsehmoderatorin meint es wirklich ernst. Im hautengen rosa Glitzerfummel mit sehr, sehr viel (künstlich angetackertem) Blondhaar steigt der „Thermomix des Showbusiness“ (Schöneberger über Schöneberger) die Bühnentreppe hinab: „Hamburg, ich freu' mich so!“

Knarzer im Gesang zu Beginn

Anfangs knarzt der Gesang bei Songs wie „Knick in meiner Biographie“ noch merklich. Wo ihre siebenköpfige Band einen routinierten, gepflegten Fusion-Soulpop hinlegt, ringt Schöneberger noch mit Technik und Stimmvolumen. Nach den ersten Ansagen wird es runder. Die Schöneberger-Show ist ganz um die Sängerin, Schauspielerin und Moderatorin aufgebaut. Sie ist der Planet, um den hier alles kreist, das Energiezentrum. Und falls das jemand nicht mitbekommen haben sollte, wird sie auch in diversen Posen und Kostümierungen noch überlebensgroß auf eine Leinwand projiziert.

Im Abendkleid, im französischen Garconne-Anzug, als neckisches Cowgirl. Eigentlich ist das ganze Konzert eine einzige Werbeshow für genau ein Produkt: Schöneberger. Egal ob nebenbei ihre Zeitschrift, ihre Tapeten- oder Kofferlinie oder eben die neue CD beworben wird. Die Sängerin selbst kokettiert damit und gibt wie angekündigt bereitwillig Auskunft.

Lieder aus dem modernen Frauenleben

Auch in ihren Liedern, die sich unscharf zwischen Chanson und Schlager bewegen, hat sie einiges zu sagen. Die Texte und Inhalte sind ganz dem modernen Frauenleben abgeschaut. In der „Happy Patchwork Family“ etwa „freut“ sie sich über die neue „wunderschöne“ 23-jährige Freundin ihres Mannes, die aus ihm einen Spät-Hipster und aus der gemeinsamen Tochter einen Instagram-Fan gemacht hat.

Viele Beziehungsthemen seien ja, nun, doch eher traurig, beklagt Schöneberger. Deshalb singt sie lieber über Sex, um in „Du willst es doch auch“ bei weiteren Zwängen wie „Kinder, Karriere, den Haushalt und den Körper in Schuss“ zu landen, und die Band säuselt im Hintergrund „kein Sex“ dazu.

Kleine und größere Katastrophen

Aber weil Schöneberger diese alltäglichen kleinen und größeren Lebenskatastrophen mit ihrem patenten Humor zu überhöhen und entschärfen weiß, sichert sie sich die Verehrung ihrer Anhänger. Etwa jede halbe Stunde wechselt die Sängerin ihr Kostüm und findet sichtlich Gefallen daran, sich in immer neue, viel zu enge Showkostüme aus Latex oder Leder zu zwängen – um anschließend ausführlich nach dem Motto „eingeschnürt aber glücklich“ über die unbequeme Garderobe zu philosophieren.

Das ist durchaus zweischneidig. Einerseits überzeugt die Entertainerin mit Selbstbewusstsein, die sich auch keine Kleidernorm vorschreiben lässt. Andererseits gibt sie dem Thema unnötig viel Raum. Wie überhaupt die Oberweiten- und Menopausen-Witze am wenigsten originell herüberkommen.

Zusammenarbeit mit Peter Plate von Rosenstolz

Bleibt das Lieblingsthema des Pops, das dann doch ins Zentrum dieser Show rückt: die Liebe. Schöneberger konzentriert sich auf Männer und ihre Unzulänglichkeiten. Sie gibt die sexy aufgemachte Blondine, hebelt aber gleichzeitig alle Blondinen-Klischees aus. Vor allem auch dann, wenn sie Cover-Versionen ihrer weiblichen Pop-Idole Beyoncé und Madonna anstimmt. Das Publikum geht bei diesen Krachern naturgemäß mit.

Zu ihren stärksten Momenten findet die Show, wenn Barbara Schöneberger ihre eigenen Songs singt. Die haben ihr mit Peter Plate (Rosenstolz) und Ulf Leo Sommer (Rosenstolz, Sarah Connor, Helene Fischer) zwei Profis auf den Leib geschrieben. Und die siebenköpfige Band steuert schöne Querflöten- und Trompetenarrangements bei.

Mehr Dolly Parton als Isabelle Huppert

Wenn Schöneberger in „Mädchen mein Mädchen“ von den onkelhaften Ratschlägen des Vaters singt, in der Liebe genau hinzuschauen und auf eigenen Füßen zu stehen. Oder wenn sie in „Isabelle Huppert“ ihre Verehrung für die französische Schauspielerin zum Ausdruck bringt: „Bin mehr Dolly Parton als Isabelle Huppert. Geheimnisvoll schaff ich nicht mehr.“ Da ist was dran.

Mal flaniert sie durch den Saal und lässt sich von Dutzenden Handy-Kameras filmen. Mal begrüßt sie von der Bühne Bekannte wie ihren NDR-Talkshow-Kollegen Hubertus Meyer-Burkhardt oder ein hartgesottenes Fan-Duo in der ersten Reihe, das sie auf der gesamten Tour begleitet. Mal liest sie Instagram-Kommentare vor – auch wenig schmeichelhafte. Dann wieder versucht sie, sich umzuziehen, während sie weiter ins Mikrofon parliert („Warum machen wir das?“).

"Mich kriegt man nicht freiwillig weg"

Die Show, die ja eine große Feier der Künstlichkeit ist, hat dann den Charme eine Familienfeier, und Schöneberger gibt die perfekte Gastgeberin. Der Song „Vielleicht wird’s ja schöner“ über einen aufgeschobenen Abschied, versprüht schließlich schwer emotional aufgeladenen Schlager-Charme. „Ihr müsst mich am Ende raustragen. Mich kriegt man nicht freiwillig weg“, droht sie. Um nach drei durchaus kurzweiligen Stunden natürlich doch unter großem Jubel abzugehen.