Devid Striesow mimt den Komiker in der Verfilmung von „Ich bin dann mal weg“. Im Interview spricht er über Wandern und Spiritualitiät.
Devid Striesow macht während des Interviews ständig auf seinem Handy rum. Nicht, weil ihn das Gespräch langweilt, sondern weil er all die Bilder zeigen muss, wie er mit dem Fatsuit, einem „Fettanzug“ also, auf dick gemacht wurde: Für die Bestsellerverfilmung „Ich bin dann mal weg“, die am 24. Dezember ins Kino kommt, verwandelte er sich in Hape Kerkeling. Und das so gut, dass die Leute auf dem Jakobsweg ein Autogramm von ihm wollten – und sauer waren, als er mit „Devid Striesow“ unterschrieb.
Hamburger Abendblatt: Die Frage bekommen Sie jetzt wohl ständig zu hören: Ist das Wandern des Striesows Lust?
Devid Striesow: Das nicht. Aber ich geh Gassi mit meinem Hund. Morgens und abends eine Stunde. Das sind so zehn Kilometer. Und das sieben Tage, 52 Wochen lang, acht Jahre, seit ich den Hund habe. Rechnen Sie sich das aus. Das ist schon ein bisschen mehr als der Jakobsweg. Aber halt in Dosen.
Wie viele Kilometer sind Sie denn dann für den Film abgelaufen?
Striesow: Auch da wieder eine kleine Rechenaufgabe: Eine Szene, die ich im Film laufe, haben wir etwa drei-, viermal aufgenommen. Das ist sehr überschaubar.
Und die Blasen am Fuß?
Striesow: Alles Maske! Alles Kinomagie! Man muss sich ja absichern, dass der Schauspieler nicht leidet. Ich habe aber nach den Dreharbeiten ein paar dieser Wanderschuhe abgekauft, die trage ich jetzt zu Haus in der Uckermark. Das ist sehr praktisch.
Gehören Sie auch zu den Millionen Menschen, die Hape Kerkelings Buch gelesen haben?
Striesow: Wollen Sie die ganze Geschichte hören? Ich hab das Buch gleich nach Erscheinen gelesen, noch bevor es ein Bestseller war. Ich dachte, das wird bestimmt mal verfilmt, und ich will dabei sein! Als dann tatsächlich gemeldet wurde, dass die Filmrechte verkauft seien, habe ich meine Agentin angespitzt. Ich bekam auch wirklich einen Castingtermin. Aber statt etwas aus dem Drehbuch vorzuspielen, sollte ich das Kerkeling-Lied „Das ganze Leben ist ein Quiz“ singen. Das ging nicht. Der Film handelt doch gerade nicht von dem Hape Kerkeling, den alle aus dem Fernsehen kennen, sondern von dem Privatmann, der aus dem Rampenlicht tritt. Ich wollte das erst nicht wahrhaben und hab dann sehr spät am Tag des Castings abgesagt.
Wie sind Sie dann doch noch in den Film gekommen?
Striesow: Die waren erst ganz deprimiert, hatten aber eine Alternative. Das hat dann offensichtlich nicht geklappt. Jedenfalls bekam ich ein Jahr später die Anfrage noch mal, kommentarlos, als sei nichts passiert. Da war das Drehbuch schon ein, zwei Fassungen weiter, da wusste ich, wohin es gehen würde.
Kannten Sie Hape Kerkeling denn schon?
Striesow: Ich habe ihn nie getroffen. Ich habe ihn aber studiert. Das finde ich auch die richtige Betrachtung: von außen beobachten. Ich wollte gar nichts von ihm selbst hören. Ich habe mir aber alle seine Fernsehformate angesehen, um bei mir eine Fantasie auszulösen. Als der Dreh begann, brauchte ich dann eigentlich nichts mehr zu machen. Wenn du das Unterbewusstsein arbeiten lässt, brauchst du dir von außen nichts mehr herzustellen. Das wirkt sowieso nur künstlich. Ich habe ihn das erste Mal nach dem Dreh getroffen, bei der Verleihung der Goldenen Kamera kam er im Blitzlichtgewitter kurz an mir vorbei. Wünschte Glück mit dem Film. Fragte noch: Wo habt ihr meine Stimme aufgenommen? Wann habe ich das denn gesagt? Weil er wirklich dachte, die Stimme am Anfang wäre seine.
Der Anfang ist wirklich saukomisch: Sie spielen einen grotesk aufgedunsenen Kerkeling. Und das, wo er doch Koproduzent des Films ist. Da muss man wohl sehr viel Humor und Selbstironie haben?
Striesow: Er hat ab Drehbeginn alles geschehen lassen. Er war da ja auch mit seinem neuen Buch beschäftigt. Aber ich glaube, er ist viel zu intelligent, um nicht darüber zu lachen. Das ist doch toll, mit einer so überzogenen Hochkomik zu beginnen. Es war auch eine schöne Art, den Weg darzustellen. Wie er immer mehr Gewicht verliert, wie ich immer weniger Fatsuit tragen muss.
Als erst mal feststand, dass Sie Kerkeling spielen, sagten alle: klar, kongeniale Besetzung. Sehen Sie das auch so?
Striesow: Ich finde Gegenbesetzungen eigentlich immer spannender. Wenn Hamlet ein kleiner Dicker ist oder Romeo mal Halbglatze hat. Keine Arsch-auf-Eimer-Besetzung. In diesem Fall war eine gewisse optische Ähnlichkeit da. Aber das sagt ja noch nichts. In einem drin muss die Rolle stimmen. Viel schlimmer ist es natürlich, wenn alle hinterher sagen: So geht’s aber nicht! Was mir anfangs mit meinem „Tatort“-Kommissar ja passiert ist.
Kerkeling hatte sich dermaßen verausgabt, dass er zusammenbrach. Deshalb musste er mal weg. Nun drehen auch Sie einen Film nach dem anderen. Müssten Sie nicht auch mal eine Auszeit nehmen?
Striesow: Vor so was kann man sich natürlich generell nicht schützen. Aber Hape Kerkeling hat von Anfang an ein energetisch ganz anderes Niveau gefahren, weil er selber kreiert, produziert und gespielt hat. Also pausenlos Hochspannung fuhr. Wenn ich tags spiele, muss ich abends runterkommen. Ich merke, je älter ich werde, dass ich das immer mehr brauche. Sonst kann der Körper nicht mehr mithalten.
Wie kommen Sie zur Ruhe?
Striesow: Es ist ja spätestens seit meiner „Tatort“-Rolle kein Geheimnis, dass ich Yoga mache. Ich habe in meinem Tagesablauf zehn bis 20 Minuten integriert. Letztlich ist der Gedanke von Yoga ja dieses Prinzip von Ursache und Wirkung. Wenn man morgens bewusst einen Kaffee im Sitzen trinkt, ist das eine gute Voraussetzung, dass man auch abends Dinge bewusster macht.
Der Film spielt in der Sommerhitze von Spanien, wird jetzt aber zu Weihnachten gestartet. Ist das ein idealer Starttermin?
Striesow: Jahreszeitlich vielleicht nicht. Aber es geht ja im Film um Spiritualität. Darum, dass man nicht ganz der Entscheidungsträger seiner selbst ist, dass es da noch eine andere Kraft gibt, die wir nicht sehen. Insofern ist Weihnachten doch ein idealer Zeitpunkt.
Filmkritik am Donnerstag in LIVE. Der Film läuft im Abaton, Cinemaxx Dammtor, Wandsbek, Harburg, Elbe, Hansa-Filmstudios, Koralle, Passage, UCI Othmarschen, Mundsburg, Wandsbek, Zeise