Baz Luhrmanns Literaturverfilmung „Der große Gatsby“ will viel zu viel. Zwischen Showeffekten und Hyperrealismus, in einer fast schmerzhaften Reizüberflutung geht das literarische Vorbild verloren .

Baz Luhrmanns Verfilmung von „Der große Gatsby“ sieht – zumindest in der ersten Hälfte – aus wie ein Musical. Alles ist laut, bunt, übertrieben, bombastisch, orgiastisch. Die Partys, die der unfassbar reiche Emporkömmling Jay Gatsby in seinem schlossartigen Anwesen feiert, besuchen nicht Hunderte von Gästen, sondern Tausende. Champagner, Konfetti und Feuerwerk – von allem gibt es sehr, sehr viel, zu viel. Das glitzert, flirrt, funkelt. Luhrmann hat, gar nicht mal so uncool, moderne Musik drübergelegt, HipHop, Beyoncé (Ehemann Jay-Z ist Co-Produzent), Jazz und Lana del Rey.

Doch schrieb der berühmte Filmkritiker der „New York Times“, Vincent Canby, über die Gatsby-Verfilmung von 1974 mit Robert Redford in der Titelrolle, der Film sei „so tot, wie eine Leiche, die zu lange auf dem Grund des Pools gelegen hat“, so stimmt für die Luhrmann-Verfilmung mit Leonardo DiCaprio als charismatischem Multimillionär das Gegenteil: Reizüberflutung bis zur Schmerzgrenze.

Die Geschichte vom undurchsichtigen Aufstieg Gatsbys in den 20er-Jahren in New York zeigt der australische Regisseur („Moulin Rouge“, „Romeo und Julia“) in 3-D und mit so rasanten Kamerafahrten, als würde eine Atomexplosion auf die Küste von New York zurauschen. 3-D lässt alles künstlich erscheinen: das Niemandsland zwischen der Küste und der Stadt, in dem jeder Mensch dreckig ist, der Garten Gatsbys, der aussieht wie Urwald, die erleuchteten Häuserfronten, die wie Puppenhäuser wirken, die grellen Nächte, die ans Planetarium erinnern. Die Menschen bewegen sich wie in einem Comic.

Luhrmann zeigt Showeffekte und Hyperrealismus, kolorierte Vergangenheit, die dröhnt und lärmt. Jede Autofahrt ist schnell, und immer wieder wird der einsame, schwarze Trompeter dazwischen geschnitten, der uns sagen soll, „wir haben die Roaring Twenties“, damals hat sich die Welt neu erfunden.

Dennoch, Leonardo DiCaprio spielt den Mann, der sein Leben seiner Liebe zu Daisy widmet, mit so viel Charme, dass er sich wohltuend von all dem ausschweifenden und überspannten Pomp abhebt. Carey Mulligan ist eine süße, verletzliche Daisy, ihr Ehemann Tom, Gatsbys Rivale, wird von Joel Edgerton als echter Kotzbrocken dargestellt. Und Tobey Maguire, der Daisys Cousin Nick und den Erzähler der Story spielt, ist ein lieber, kleiner Underdog, der mit großen Augen die verrückt gewordene Welt betrachtet. Mit einer Literaturverfilmung hat das Ganze aber nichts zu tun.

Bewertung: annehmbar

„Der große Gatsby“ USA 2013, 144 Min., ab 12 J., R: Baz Luhrmann, D: Leonardo DiCaprio, Carey Mulligan, Tobey Maguire, täglich im Abaton (OmU), Holi, Koralle, Passage, Zeise, in den Cinemaxx- und UCI-Kinos; wwws.warnerbros.de/thegreatgatsby