Professor David Lurie (John Malkovich) wurde unehrenhaft aus dem Uni-Dienst entlassen. Jetzt macht er seiner Tochter Lucy (Jessica Haines) das Leben schwer.
Das Leben in Südafrika ist jenseits von touristischer Postkartenromantik wenig glamourös. Gewalt ist alltägliche Realität. Einer, der sich mit den Gegebenheiten in seiner Heimatstadt Kapstadt bestens auskennt, ist der Literaturnobelpreisträger J.M. Coetzee.In seinem Roman "Schande" hat er einen Literaturprofessor als Hauptfigur gewählt. In Steve Jacobs Verfilmung meistert John Malkovich als Professor David Lurie vielleicht seine größte Herausforderung.
Der zweifach geschiedene Lurie sucht sich schnelle Vergnügen, bei Prostituierten oder eingeschüchterten jungen Semestern. Eine von ihnen wird ihm zum Verhängnis. Seine wenig subtile Form der Ausbeutung Abhängiger ist ihm nicht bewusst. Unehrenhaft entlassen, besucht er seine lesbische Tochter Lucy, warmherzig und sehr abgeklärt gespielt von Jessica Haines, die allein eine Farm auf dem Land bewirtschaftet. An ihrem Lebensentwurf hat der gewissenlose und arrogante Professor einiges auszusetzen. Der innige Anhänger des Romantikers Lord Byron verzieht nicht nur verächtlich den Mund, als er entdeckt, dass seine Tochter den bodenständigeren Charles Dickens vorzieht.
In Lucys Nachbarn Petrus lernt er einen Vertreter der aufstrebenden schwarzen Mittelschicht kennen. Und bei einem schlimmen Überfall die ganze Härte des Landes: rohe Gewalt und sexuellen Missbrauch. Viele Wendungen an dieser Geschichte sind schier kaum zu ertragen. Die Indifferenz, mit der Petrus das geschehene Verbrechen hinnimmt, vor allem aber auch Lucys Vorhaben, äußerlich ungerührt mit ihrem Leben fortzufahren. Immerhin findet in dem Kotzbrocken Lurie tatsächlich so etwas wie eine Läuterung statt.
Die Bilder von Jacobs und seinem Team sind schonungslos realistisch, absolut zielgenau und dabei ohne jeden Voyeurismus. Am Ende hat Lucy ihr Land komplett an Petrus abgetreten. Sie bleibt als geduldete Farmerin im Haus unter seinem Schutz. Das Land ist stärker als die Macht des Geldes, und es verlangt bedingungslose Unterwerfung. Eine gewaltige Erkenntnis am Ende eines Films, der verstört, erhellt und alle Sinne herausfordert.
++++- Schande Australien/Südafrika 2008, 120 Min., ab 18 J., R: Steve Jacobs, D: John Malkovich, Jessica Haines, täglich im UCI Mundsburg; www.alamodefilm.de/alamode