Action Zahlreiche Rennszenen, aber eine dünne Story - die Wachowski-Brüder fahren “Speed Racer“ fast an die Wand

Wem als Beifahrer bei hohem Tempo unwohl ist, der sollte den Kinosessel bei einer "Speed Racer"-Vorstellung meiden, denn hier zeigen die "Matrix"-Regisseure Larry und Andy Wachowski mit neuer Digitaltechnik rasante Autorennen durch ägyptische Paläste, Wüsten, eisige Gebirge und futuristische Städte bis hin zum Brandenburger Tor. Der in den Filmstudios Babelsberg gedrehte Blockbuster setzt den Zuschauer mit atemberaubenden Bildern unter Strom, allerdings ist die Story um einem jungen Rennfahrer, der für den Erhalt seines Familienunternehmens Tempo 600 riskiert, allzu kindgerecht aufbereitet.

Susan Sarandon und John Goodman als Eltern Pops und Mom Racer stehen ihrem Sohn Speed (Emile Hirsch) beim Kampf gegen korrupte Firmenchefs zur Seite und sind dabei schauspielerisch ziemlich unterfordert. Die Mama darf zum geeigneten Zeitpunkt zum Sohnemann "Ich liebe dich so sehr" sagen, und der Papa verkündet seinen Stolz lautstark auf der Stadiontribüne. Für jüngere Zuschauer kommt der kleine Bruder Spritle (Paulie Litt) zum Einsatz. Hand in Hand mit einem Schimpansen geht er zwischen den Rennen in "Kevin allein zu Haus"-Manier nicht nur seiner Familie mächtig auf die Nerven.

Mit dem Mix von flammenden Actionszenen und Junior-Affenwitzen ist es so wie mit einem Autoreifen als Spielgerät im Kinderzimmer: Es passt einfach nicht. Kommerziell gesehen ist die Zweigleisigkeit bei den immensen Produktionskosten von 130 Millionen Euro verständlich - schließlich soll die ganze Familie die Kinokasse klingeln lassen. Doch das könnte auch nach hinten losgehen. Der letzte Blockbuster, dessen harte Originalstory mit blutfreien Schlachtszenen weichgekocht wurde, war "Der goldene Kompass". Der Film wurde zum Flop und brachte das Studio New Line Cinema finanziell in Schieflage.

"Speed Racer" orientiert sich an einem japanischen Manga-Comic als Vorlage. Der wurde schon mal verfilmt und lief 1971 als erste Anime-Serie im deutschen Fernsehen. Nach heftigen Protesten, auch von Pädagogen, wurde die Serie schon nach drei Episoden abgesetzt "Der Spiegel" empörte sich damals über ein "Blut- und Karambolagespektakel".

Erfolgsproduzent Joel Silver ("V wie Vendetta") hat sich bei der Besetzung als globaler Stratege erwiesen - die Kontinente Amerika, Europa und Asien kommen zum Zug. So stellen US-Schauspieler die Familie Racer dar. Der Brite Roger Allam sorgt als herrlich überzogener Oberfiesling für das einzige schauspielerische Highlight. Deutsche Akteure laufen im halben Dutzend durch das Bild, wenn auch nur in Nebenrollen. Unter ihnen: Benno Fürmann, Cosma Shiva Hagen und Moritz Bleibtreu. Der koreanische Popstar Rain als Rennfahrer Togokahn dürfte auch in Asien für Publikumsinteresse sorgen.

"Speed Racer" ist optisch reizvoll. Doch letztlich ist es auch ein ernüchterndes Beispiel dafür, dass die Faszination Kino längst zu einer Kommerzmaschine geworden ist. So erscheinen manche Rennszenen mal überzeugend echt und dann wieder künstlich wie ein Computerspiel. Absicht? Bei der Europapremiere in Berlin jedenfalls pries ein Moderator auf dem roten Teppich nicht nur die vorbeilaufenden Stars an, sondern auch das neue "Speed Racer"-Spiel, das zum Kinostart auf den Markt kommt.