DOKUMENTATION: Michael Moore hat das US-Gesundheitssystem aufs Korn genommen: “Sicko“ unterhält auch
Michael Moore hat wieder zugeschlagen - und welche Macht der amerikanische Regisseur inzwischen besitzt, zeigt er in seinem neuen Film "Sicko" nicht ohne Stolz gleich zum Auftakt: Als die Krankenkasse einem schwer hörbehinderten Mädchen nur die Operation eines Ohres zahlen will, schreibt der verzweifelte Vater einen folgenreichen Brief: "Michael Moore dreht derzeit einen Film über das amerikanische Gesundheitswesen. Wie würde es Ihrem Vorstandsvorsitzenden gefallen, darin aufzutauchen?" Wenig später trudelt die Erklärung der Kostenübernahme für beide Ohr-OPs ein . . .
Dass die Lage in den USA für viele Kranke absolut verzweifelt ist, lässt schon die Tatsache erahnen, dass Moore bereits in der ersten Woche nach seinem öffentlichen Aufruf, persönliche Erfahrungen mit Versicherungskonzernen zu schildern, mehr als 25 000 E-Mails erhielt. Von vornherein für seinen Film aussortiert hat er dabei all jene Fälle, in denen Menschen nicht versichert waren und durch eine plötzliche Erkrankung in den Ruin oder sogar in den Tod getrieben wurden. Doch auch wer das Geld aufbringt, um regelmäßig seine Beiträge zu bezahlen, darf im Ernstfall häufig keine Leistungen erwarten. Grund dafür ist ein Gesundheitssystem, in dem einzig am Profit orientierte Konzerne alles daransetzen, Kostenübernahmen zu verhindern.
Das klingt ziemlich depremierend, wird bei Moore aber zu einem ungemein unterhaltsamen Feldzug gegen die Versicherer und ihre Helfer in der großen Politik. Dank sarkastischer Kommentare und einiger spektakulärer Coups gelingt es Moore immer wieder, geradezu fröhliche Stimmung im Kinosaal zu verbreiten. Sein Geniestreich: Mit 9/11-Helfern, die enormen Staubmengen ausgesetzt waren, chronisch Erkrankten, die aber in den USA keine ausreichende medizinische Versorgung bekommen, fährt er nach Kuba, wo ihnen nicht nur umgehend, sondern sogar kostenlos geholfen wird. Ein Schlag, der sitzt.
Ausflüge ins "alte Europa", wo das staatliche Gesundheitswesen in der Regel zumindest für eine medizinische Grundversorgung der Bevölkerung garantiert, runden einen Film ab, der eines gewiss nicht ist: unparteiisch. Im Gegenteil, Moore bezieht mal wieder deutlich Stellung, und auch wenn er sich in der Vergangenheit durch vermeintliche Manipulationen angreifbar gemacht hat: Letztlich steht er eben doch auf der richtigen Seite.
>> Sicko USA 2007, 113 Minuten, ab 12 Jahren, R: Michael Moore, täglich im Abaton, Elbe, 3001, in der UCI-Kinowelt Mundsburg, im Zeise; Infos im Internet: www.sicko.senator.de