George Michael über “A Different Story“ und die Furcht vor Mißerfolg

ABENDBLATT: Trotz des weltweiten Medieninteresses haben Sie Ihr Privatleben in den vergangenen Jahrzehnten immer verborgen gehalten. Warum?

GEORGE MICHAEL: Meine Mutter war eine sehr private Frau, die nur selten Auskunft über sich gab. Nach ihr habe ich mich mein ganzes Leben lang gerichtet. Meinen Freunden gegenüber war ich immer offen und ehrlich, aber mit den Medien hatte ich zugegebenermaßen meine Probleme.

ABENDBLATT: Warum geben Sie in "A Different Story" nun schonungslos Auskunft über Ihr Privatleben?

MICHAEL: Alles fing mit einem ganz normalen Dokumentarfilm an. Erst als ich die ersten fertigen Aufnahmen sah, bemerkte ich, daß sich hier die Gelegenheit bot, einige Dinge klarzustellen. In den letzten Jahren gab es viele falsche Schlagzeilen über meine Person, ich war meinen Fans einfach die Wahrheit schuldig. Ich wollte zum Beispiel erklären, warum ich so sporadisch arbeite. Die letzten 15 Jahre habe ich weitgehend geschwiegen. Nun ist es an der Zeit zu sprechen.

ABENDBLATT: Ein Rückblick als Selbsttherapie?

MICHAEL: Ich habe diesen Film auch für mich gemacht. Ich wollte mit diesen Jahren ein für allemal abschließen. Die Zeit des Versteckens ist vorbei. Deswegen hatte ich kein Problem damit, diesen Film zu drehen. Was zum großen Teil auch daran liegt, daß ich inzwischen einfach out bin.

ABENDBLATT: Was bedeutet das für Sie?

MICHAEL: Daß ich in Zukunft weniger auftreten und verstärkt hinter der Bühne arbeiten werde. Und ehrlich gesagt freue ich mich über diese Veränderung. Mit diesem Film schließe ich mein Leben im Rampenlicht vorläufig ab.

ABENDBLATT: Warum? Die Zeiten mögen sich geändert haben, Ihre Alben verkaufen sich trotzdem.

MICHAEL: Wenn ich ehrlich bin, war ich nie besonders gut darin, ein Prominenter zu sein. Ich bin einfach nicht der Typ dafür - und meiner Gesundheit tut es auch nicht gut. Ich habe 20 Jahre versucht, diesen Standard zu halten. Ich habe mich regelrecht davor gefürchtet, eine weniger erfolgreiche Platte abzuliefern. Ich habe viel Geld verdient, ja, aber diesen Stress brauche ich heute einfach nicht mehr.

ABENDBLATT: Wie interpretieren Sie den Filmtitel "A Different Story"?

MICHAEL: Mir gefällt, daß er unterschiedliche Interpretationen zuläßt. Ich persönlich habe das Gefühl, daß mein Leben eine "Different Story" ist, denn es handelt sich um eine Aneinanderreihung von Extremsituationen.

ABENDBLATT: Kann ein Musiker in heutiger Zeit überhaupt noch so eine schillernde Karriere erreichen, wie Sie es damals geschafft haben?

MICHAEL: Die 80er Jahre waren eine ganz besondere Zeit. Wichtige Themen kamen auf - und ich hatte das Glück, einer der Musiker zu sein, die weltweites Interesse auf sich zogen. So etwas ist in der vielschichtigen Musiklandschaft unserer Zeit nicht mehr drin. Alles hat sich in so unterschiedliche Bereiche aufgeteilt, daß eine einheitliche Popkultur einfach nicht mehr zustandekommen kann. Talent ist mit Sicherheit da, aber das System läßt eine zweite Madonna, einen zweiten Prince oder einen zweiten George Michael nicht mehr zu.