Ein Politthriller mit allem, was dazugehört: Rod Luries Rufmord - Jenseits der Moral zeigt die Regeln der Politik

Nach dem Tod seines Stellvertreters sieht US-Präsident Evans (Jeff Bridges) die Chance, in die Geschichtsbücher einzugehen: warum nicht zum ersten Mal eine Frau als Vizepräsidentin vorschlagen? Eigentlich war Gouverneur Jack Hathaway (William Petersen) für den Posten vorgesehen. Doch nach dem misslungenen Versuch, eine verunglückte Autofahrerin aus den Fluten eines Sees zu retten, steht er auf dem Abstellgleis. Und so präsentiert Evans die Senatorin Laine Hanson (Joan Allen) als Wunschkandidatin für das zweithöchste Amt im Staat. Sehr zum Unwillen des Kongressabgeordneten Shelly Runyon (Gary Oldman), einem verklemmten Republikaner, der Frauen nicht das Geringste zutraut. Als es dem fiesen Machtmenschen nicht gelingt, Hathaway als Vizepräsidenten durchzudrücken, inszeniert er eine Schlammschlacht ohnegleichen und fördert eine angebliche Jugendsünde zu Tage: Hanson soll vor mehr als 20 Jahren an Gruppensex-Partys teilgenommen haben. Als Beweis legt er Fotos der angeblichen Orgie vor. Doch Hanson schweigt beharrlich zu den Vorwürfen: "Mein Privatleben geht niemand etwas an." Von nun an entfaltet sich unter der Regie von Rod Lurie, eines ehemaligen Filmkritikers, ein Politthriller mit allem, was dazugehört: öffentliche Anhörungen, geheime Konferenzen, rivalisierende Nachforschungen. Das mag manchen an die Lewinsky-Affäre von Bill Clinton erinnern. Doch Luries Interesse gilt einer anderen Frage: Inwieweit kann jemand mit moralischen Grundsätzen in der Politik überleben? Denn in der Schlammschlacht scheint es keine Regeln zu geben. Da ist kein Mittel zu schäbig, keine Intrige zu hinterlistig. Mit unangenehmen Folgen: Hansons Glaubwürdigkeit, ihr Ruf und ihre berufliche Zukunft stehen auf dem Spiel. Verkörpert wird sie von Joan Allen, die die Politikerin in einer Mischung aus menschlicher Wärme und moralischer Integrität interpretiert. Jeff Bridges hat sichtlich Spaß daran, den Präsidenten als jovialen Lebemann darzustellen, der allen Gästen Butterstullen aufzwingt und damit seinen unbedingten Machtwillen kaschiert. Und dann ist da noch Gary Oldman, der mit großen Brillengläsern und grauen Locken über den Geheimratsecken kaum wieder zu erkennen ist. Ein Mann, der sich auffallend für das Liebesleben anderer interessiert - weil er selbst keines hat.

Rufmord - Jenseits der Moral Deutschland/USA/Großbritannien 2000, 126 Minuten, ab 12 Jahren, R: Rod Lurie, D: Gary Oldman, Joan Allen, Jeff Bridges, Christian Slater, täglich im Cinemaxx, Kinopolis, Studio, UCI Othmarschen-Park.