Die Tuareg-Band Tamikrest ist deutlich von Tinariwen beeinflusst und legt mit „Adagh“ ein überragendes Desert-Blues-Album vor.

Als die Tuareg-Band Tinariwen vor zehn Jahren ihr erstes, international erhältliches Album „The Radio Tisdas Sessions“ veröffentlichte, stand damit die Sahara-Region urplötzlich im Mittelpunkt der weltmusikalischen Landkarte. Ihr hypnotischer Wüstenblues mit den faszinierenden Call-and-Response-Gesängen begeisterte nicht nur ein nach Authentizität hungerndes Publikum, sondern auch westliche Musiker wie Robert Plant oder Carlos Santana. Umjubelte Tourneen in Europa und den USA, Top-Platzierungen in den Weltmusik-Charts, zahllose Auszeichnungen und – nicht zuletzt – die Sensibilisierung der Weltöffentlichkeit für die vom Anpassungsdruck bedrohten Traditionen der stolzen Nomadenvölker waren die Konsequenzen dieses musikalischen Paukenschlags. Und noch etwas erreichte Tinariwen: Die Band und ihr Erfolg machten dem Nachwuchs Mut. Was das konkret bedeutet zeigt jetzt beispielhaft „Adagh“, das Debütalbum der im malischen Sahara-Gebiet beheimateten Tuareg-Band Tamikrest.

Kein Wunder, dass in den Liner Notes u. a. Tinariwen-Gründer Ibrahim Ag Alhabib und deren Ex-Manager Andy Morgan ausdrücklich gedankt wird: die siebenköpfige Band wirkt wie eine jüngere, etwas wenige relaxte Version ihrer unverkennbaren Vorbilder. Nach den Unruhen des Mai 2006 gegründet, unterscheidet sich Tamikrest insbesondere durch den inhaltlichen Schwerpunkt von Tinariwen, die neben den Problemen des Alltags immer auch sehr poetisch die Schönheit des Tuareg-Lebens in Worte kleiden. Bei Tamikrest hingegen ist der Leidensdruck weitaus deutlicher spürbar. Da ist, in Tamashek gesungen, viel von Schmerz und Leid die Rede, davon, dass die Hilfe eines wie auch immer beschaffenen Gottes benötigt wird, um dem Tal der Tränen zu entfliehen, und auch den von rassistischer Ausgrenzung betroffenen Tuareg-Kindern ist ein eigenes Lied gewidmet. Aber bei all den Klagen gewinnt nie die Resignation die Überhand. Vielmehr durchzieht eine starke „Wir werden es schaffen“-Aura dieses in jeder Hinsicht überragende Album – am stärksten in „Alhorya“, wo es heißt: „Unser Land steht nicht zum Verkauf. Freiheit ist unser Erbe.“ Es wäre schön, könnten diese Töchter und Söhne der Wüste ihre Songs bei uns möglichst schnell auch live präsentieren. Mindestens alle Tinariwen-Fans sollten dann unbedingt dabei sein. Und vorher diese CD kaufen.

Tamikrest: „Adagh“ (Glitterhouse); www.glitterhouse.com

Bewertung: überragend