Berlin. Für alle “Freunde der italienischen Oper“ gibt es zu Jahresbeginn ein zweites Freudenfest mit US-Mezzosopran Joyce DiDonato: Händels “Agrippina“, ein barocker Thriller über Dekadenz und Sittenverfall, vermag alle Wünsche zu erfüllen.
Seine zweite italienische Oper schuf Georg Friedrich Händel im Alter von 24 Jahren: Mit der Aufführung von "Agrippina" am 26. Dezember 1709 überzeugte der Sachse das verwöhnte Publikum in Venedig. Ein Must-have für jeden Liebhaber der Barockmusik, festlich opulent und cembalolastig.
Julia Agrippina zieht die Fäden in einer großen Intrige mit vielfachen Verwicklungen. Sie will Nero, ihren Sohn aus erster Ehe, zum römischen Kaiser machen, wähnt sie doch den eigentlichen Herrscher, ihren vertrottelten dritten Gatten Claudius, schon im Jenseits, ertrunken. Doch der lebt und hat seinem Retter Ottone den Thron versprochen. Neben ihnen sorgen noch einige andere Charaktere und Handlungsstränge für Verwirrung. Diese Geschichte endet dann glücklich - aber nur in der Oper.
Für den dramaturgischen Fluss dieses zeitlosen Ränkespiels erbärmlicher Antihelden, voller Machthunger und mit unersättlicher Begierde, nutzt Händel alle Register der menschlichen Emotionen. Und die Stars dieser rundum geglückten Gesamtaufnahme füllen ihre Rollen erschreckend überzeugend aus.
Joyce DiDonato zeigt ein vielschichtiges Bild der machtlüsternen antiken Titelheldin, einer skrupellosen Heuchlerin. Bassbariton Luca Pisaroni füllt die Rolle des im Nebel der Intrige herumtappenden Claudio mit dunkler Ironie. Als Ottone kann Jakub Józef Orlinski zeigen, dass er zu den besten der jungen Altos gehört, während Franco Fagioli mit seinem immensen Stimmumfang den egomanen Lüstling Nerone an der Grenze zur Hysterie verkörpert.
Die Live-Aufnahme der 3-CD-Box dieses musikalisch geschlossenen Meisterwerks von "Il caro sassone" - des lieben Sachsen - ist bei einer umjubelten Europa Tournee 2019 entstanden. Der junge russische Dirigent Maxim Emelyanychev leitete das renomierte Originalklangensemble Il pomo d'oro und glänzte selber am Cembalo, ein Instrument das auch Händel schon meisterlich beherrschte.