Ein erfolgreicher Schauspieler trifft nach 15 Jahren seine einstige Geliebte wieder. Schauplatz ist ein Wellness-Hotel in der Bretagne.

Laurent (Guillaume Canet) ist sprachlos. Das ist für den 50-Jährigen fatal, denn er ist Filmschauspieler und dabei so bekannt, dass selbst seine Masseuse in der bretonischen Thalasso-Klinik, in die er sich zur Kur zurückgezogen hat, Selfies mit ihm macht. Dabei schaut er unglücklich.

„Zwischen uns das Leben“: Nebensaison in der Bretagne

In seiner Suite kriegt er zwischen Winke-Katze und Kraken-Handtuch Weinkrämpfe. Dazu macht die per Lichtschranke zu bedienende Espressomaschine, was sie will. Ansonsten herrscht zwischen all dem Luxus viel Leere. Auf den langen Gängen, in den Liegestühlen, im Restaurant. Denn es ist Nebensaison – in der Bretagne und in Laurent, der gerade vor seinem ersten, heiß erwarteten Theaterprojekt davongelaufen ist, innendrin.

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„Hors Saison“ heißt dieses wunderbare Drama vonStéphane Brizé denn auch im Original, woraus der deutsche Verleih durchaus originell „Zwischen uns das Leben“ gemacht hat. Denn der Film, der mit stimmungsvollen Bildern gemächlich in die sehr einsame Seelenlandschaft ihres Protagonisten eintaucht, bekommt Dynamik, als ein zweites und irgendwie sein altes Leben auftaucht.

„Zwischen uns das Leben“: Tiefe Blicke im Restaurant

Alice (Alba Rohrwacher), vor 15 Jahren Laurents große Liebe in Paris, lebt mittlerweile als Klavierlehrerin mit Mann und Tochter in einem Haus in der Bretagne um die Ecke – und meldet sich. Man lacht im Restaurant, wirft sich tiefe Blicke zu. Man ahnt, dass da mal Großes war, aber dann hat das Leben ihnen anders mitgespielt.

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Heute, da verpasst Laurent die vielen Anrufe seiner offenbar sehr beschäftigten Frau. Und Alice schaut abwesend zur Seite, wenn ihr Ehemann sich beim Abendessen mit Freunden über die Lokalpolitik auslässt. Selbst ihr Klavier spielt von selbst. Da haben zwei Menschen offenbar ihr jetziges Leben verloren. Ist also gar ein Neuentflammen der alten Liebe möglich?

„Zwischen uns das Leben“: Wie eine Crème brûlée

Wie die Kruste auf einer federleichten Crème brûlée liegt diese Frage über diesen 106 Minuten. Und das Schöne an diesem so entspannt die großen Fragen des Lebens streifenden Drama ist, dass Stéphane Brizé keine simplen Antworten gibt, sondern kunstvolle Umwege geht.

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Er lässt Laurents Sporttrainer am Meer bei Atemübungen im Wind von der Einheit des Inneren mit dem Äußeren schwärmen. Schweift zehn Minuten in das Leben von Alices bester Freundin ab, die erst im hohen Alter nach pflichterfülltem Ehedasein ihre große Liebe in einer Mitbewohnerin im Seniorenheim gefunden hat.

Lange Spaziergänge am Meer: Laurent (Guillaume Canet) und Alice (Alba Rohrwacher).
Lange Spaziergänge am Meer: Laurent (Guillaume Canet) und Alice (Alba Rohrwacher). © Alamode | Alamode

Und lässt bei deren Hochzeit in einer bezaubernden Szene zwei Vogelstimmenimitatoren um die entzückten Gäste herumbalzen, dass es eine Freude ist.

„Zwischen und das Leben“: Leidenschaftliche Liebesnacht

Natürlich sind das alles kunstvolle Spiegelungen der komplizierten Liebeskonstellation zwischen Alice und Laurent. Haben da zwei Vögelchen ihre große Liebe wiedergefunden, nachdem sie ihr Inneres nach Außen gekehrt, alte Verletzungen beredet und eine leidenschaftliche Liebesnacht erlebt haben? Die Natur zumindest ist in Aufwallung. Raue See bricht sich an kahlen Felsen, der Wind zerrt im Haar.

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Dabei findet Brizé ein schlüssiges Ende für den bislang schönsten Film des Jahres, dessen pure Schlichtheit und Eleganz einfach nur sprachlos macht.

Drama Frankreich 2024, 106 min., von Stéphane Brizé, mit Guillaume Canet, Alba Rohrwacher, Sharif Andoura