Dem Grafen immer neue Menschenopfer zuliefern? Renfield mag nicht mehr. Der Film ist eine bissige Parodie, aber nichts für Zartbesaitete.

Verzweifelt und getrieben kommt der Neue zu der Selbsthilfegruppe. Er stecke in einer toxischen Beziehung, aus der er nicht herauskomme. Das kennt hier jeder, deshalb sitzen alle hier.

Aber bei Renfield (Nicholas Hoult) verhält es sich doch ein wenig anders, er kann das nur nicht erklären. Denn sein Chef, unter dem er leidet, ist kein anderer als Dracula.

Renfield: Draculas Helfer ist der Neue in der Selbsthilfegruppe

Gerechtigkeit für Nebenrollen! Jeder kennt den Grafen mit den langen Zähnen, jeder auch Van Helsing, seinen Jäger. Aber Renfield? Dabei ist das sein devoter menschlicher Gehilfe, der in den meisten Dracula-Filmen dabei ist, bei Coppola sogar mal von Tom Waits gespielt wurde. Und doch gehört er zu den großen Übersehenen der Filmgeschichte.

Das könnte nun indes vorbei sein. Denn in „Renfield“, der Titel deutet es an, spielt der Untergebene mal die Hauptrolle. Der will seinen makabren Job, dem Herrn ständig neues Menschenblut zu beschaffen, an den Nagel hängen. Deshalb sucht er die Selbsthilfegruppe auf. Aber nicht nur deshalb.

Renfields makabrer Job: ständig neues Menschenblut zu beschaffen

Weil Dracula (Nicolas Cage) nach immer neuen Opfern giert und die anderen Betroffenen in der Therapiegruppe von tyrannischen Mitmenschen erzählen, hört Renfield sich auch um, wer sich denn empfiehlt als nächstes Opfer. Und wen die Welt wirklich nicht vermissen würde. Statt der gewünschten Nonnen und Cheerleader bringt er Dracula lieber Drogendealer und andere Kriminelle.

Das aber ruft ein Syndikat auf den Plan. Und plötzlich ist nicht nur sein Monster-Chef hinter Renfield her, sondern eine ganze Gangster-Armada.

Überraschende Verstärkung erhält der junge Mann von der taffen Polizistin Rebecca (Awkwafina), die schon lange das Syndikat bekämpft. Nur: Kann er sich ihr anvertrauen? Oder fletscht der Graf dann gleich die Zähne nach ihr? Und schließlich kommt es noch zu einer ganz anderen toxischen Beziehung: Dracula verbündet sich mit den Verbrechern.

„Renfield“ ist eine bissige Parodie aufs Horrorgenre, aber …

Der Film von Chris McKay ist eine bissige Parodie aufs Horrorgenre und beweist, dass der Vampirfilm noch lange nicht so ausgelutscht und totgesagt ist, wie oft behauptet wird. Neben der herrlichen Grundidee hat McKay noch drei weitere Trümpfe im Ärmel.

Allen voran der immer bleiche, aber nie blasse Nicholas Hoult, der hier irgendwie seinen zehn Jahre alten Horrorfilm „Warm Bodies“ variiert, wo er einen Zombie spielte – aber keinen seelenlosen, sondern eben einen mit Herz. Daneben brilliert die Rapperin Awkwafina, die immer gern in schrägen Filmen mitwirkt wie „Ocean’s 8“ oder „The Farewell“ und die diese Woche noch mit einem anderen Film ins Kino kommt: „Arielle, die Meerjungfrau“ – als krächzende Stimme des schrägen Vogels Scuttle.

Und dann ist da noch Nicolas Cage, der immer dann am besten ist, wenn er maßlos übertreibt. Und das hier einmal mehr mit Lust zelebriert.

Und doch sollten alle Zart­besaiteten „Renfield“ meiden wie Dracula das Kruzifix. Denn so witzig die Idee, so hübsch die Seitenhiebe auf Therapiegebräuche und die Zitate auf andere Dracula-Filme: Es fließt entschieden zu viel Blut in diesem Film.

Und es gibt noch viel unappetitlichere Effekte. Am Ende ist die Zahl der Leichen deutlich höher als die der Gags. Für eine Komödie aber ist dieses Verhältnis – toxisch.

„Renfield“ 94 Minuten, ab 16 Jahren, läuft im Cinemaxx Dammtor, in den UCI-Kinos