Hamburg. Vor einem Konzert in der Elbphilharmonie beschäftigte sich eine toll besetzte Podiumsdiskussion mit dem Thema Migration.

„Ich bin kein Moderator“, sagt Charly Hübner in der ihm eigenen Bescheidenheit. Doch der Schauspieler hat sich auf die Podiumsdiskussion im Rahmen des Bunkersalons im ausverkauften Resonanzraum bestens vorbereitet.

Das Thema: Migration. Der Anlass: ein Elbphilharmoniekonzert des Ensemble Resonanz in der kommenden Woche. Dort wird das Orchester die Komposition „Migrants I-IV“ von Georges Aperghis aufführen. Gewidmet hat der griechisch-französische Komponist sein Werk „nicht nur den Toten, die an Europas Küsten angespült werden, sondern auch den vielen Lebenden, die ohne Identität durch Europa irren“.

Mit der Journalistin Ronya Othmann, die aus einer kurdisch-jesidischen Familie stammt, dem Syrer Mohammed „Ziko“ Ghunaim, der im Thalia Gaußstraße die „Embassy Of Hope“ leitet, und Pastor Sieghard Wilm von der St. Pauli Kirche hat Hübner kompetente Gesprächspartner.

Othmann: Geflüchtete kein „monolithischer Block“

Gemeinsam nachgedacht wird über den Begriff der Migration und die Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Othmann macht deutlich, dass Geflüchtete kein „monolithischer Block“ sind, sondern die Ursachen der Migration vielfältig sind: „Flucht ist das Symptom einer Krise.“ Spannend wird der Abend durch viele persönliche Beiträge der Diskutanten. Ghunaim zum Beispiel kam 2015 als Flüchtling nach Deutschland. Von Damaskus hat der Journalist sich in die Türkei aufgemacht und kam in einem mit 50 Menschen völlig überladenen Schlauchboot auf eine griechische Insel: „Geschafft hat man es erst, wenn man in Wien ist.“

Bürokratische Hindernisse erscheinen kafkaesk

Geradezu kafkaesk erscheinen bürokratische Hindernisse, mit denen Schutzsuchende konfrontiert werden. Othmann schildert ein Verfahren, nach dem syrische Bürger ihren Pass in der syrischen Botschaft in Berlin verlängern müssen. Dafür müssen sie hohe Gebühren bezahlen, die dem Assad-Regime zugute kommen, vor dem diese Menschen geflohen sind. Ghunaim kritisiert die oft „unmenschliche Bürokratie“, Hübner erkennt die „permanente Ohnmacht“ der Fliehenden, und Wilm fragt nach der Solidarisierung westlicher Gesellschaften.

Immer wieder spielt Tobias Rempe, Leiter des Ensemble Resonanz, während der Diskussion Ausschnitte aus Aperghis Werk ein, der versucht hat, Töne für das nicht Ausdrückbare zu finden. Zum Ende des Abends liest Charly Hübner den Paragrafen 25 der UN-Menschenrechtscharta vor, in dem das Recht auf Fürsorge jedes Menschen festgeschrieben ist. Sein Resümee jedoch ist ernüchternd: „Die Charta ist rechtlich nicht bindend. Sie ist ein Ideal.“

Ensemble Resonanz: „Migrants I-IV“, Mi/Do 18./19.1., 19.30, Elbphilharmonie, kleiner Saal; www.ensembleresonanz.com