Hamburg. Bis Sonntagabend noch ist das Stadion als Ort der Kunst, Kultur und Musik zu erleben – mit über 600 Werken.
Mit zwei Jahren Verspätung – aufgrund der Corona-Pandemie, was sonst – feierte das Millerntor-Stadion jetzt endlich seine zehnte Gallery. Kultursenator Carsten Brosda wünschte zur Eröffnung am Donnerstagabend dem schönen Anlass entsprechend allen Beteiligten, allen Besucherinnen und Besuchern „rauschhafte Tage und vielleicht die ein oder andere Unvernunft“. St. Pauli, da kommt jeder in Versuchung.
Bis am Sonntagabend der Abbau beginnt, ist das Stadion als pulsierender Ort der Kunst, Kultur und Musik zu erleben. 600 Werke von 100 Künstlern aus aller Welt, 50 musikalische Einlagen sowie 50 viel beachtete Wandgemälde – die „Murals“ – sollen 17.000 Besucher in das Stadion locken. Kuratiert hat das Festival in diesem Jahr die Berliner Streetart-Künstlerin Hera.
Hamburg: Zehnte Millerntor-Gallery eröffnet
Der Titel der zehnten Millerntor-Gallery-Ausgabe „Art Creates Water“ (auf Deutsch etwa „Kunst schafft Wasser“) findet sich einerseits in vielen Kunstwerken wieder, andererseits weist er auf die Spendenaktion des Festivals hin.
Ungefähr fünfzig Prozent der Einnahmen der ausstellenden Künstler sowie alle freiwilligen Gaben der Gäste kommen Viva con Agua zugute. Die Non-Profit-Organisation aus St. Pauli setzt sich für sauberes Trinkwasser ein, das derzeit für 2,2 Milliarden Menschen auf der Erde ein knappes Gut ist.
Problem in Form von Performance-Art
Eindrucksvoll wird die Drastik dieses großen Problems in der Ausstellung via Performance-Art dargestellt: Sechs Sargträger balancieren langsamen Schrittes Eisblöcke samt Blumenbeigaben auf einer Sänfte durch die Ausstellung – und gleichzeitig zu Grabe?
Ein weiterer thematischer Schwerpunkt des Festivals ist die Weiblichkeit. 80 Prozent der ausstellenden Künstler sind weiblich, die einzige Mural eines männlichen Künstlers ziert ein Graffito des Hamburger Rappers Samy Deluxe.
Sowieso, die zehnte Version der Millerntor Gallery ist eine geballte Ladung Diversity, Awareness und Self-Care, um ein paar auch in Deutschland angekommene Modebegriffe zu verwenden. „Es ist ok, aus dem Rahmen zu fallen“ steht an einer Wand, „Liebe ist ein Tu-Wort“ an einer bunt bemalten Mülltonne, „Gut siehst du aus!“ am Spiegel auf der FLINTA*-Toilette (FLINTA* steht für Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen).
Nur eines, eines darf nicht sein bei diesem Kunst-Festival des bunten Lebens: zu viel Blau. Schließlich ist die Millerntor Gallery ein St.-Pauli-Heimspiel. Deshalb dürfen sich die Künstler zwar austoben, aber doch besser mit der FC-St.-Pauli-Farbe Braun – und bitte nicht mit dem verdächtigen HSV-Blau.
Vor elftem Festival werden Wände geweißelt
Apropos Farben: Die Millerntor Gallery hinterlässt keine weißen Wände. Wie immer bleiben die Kunstwerke das kommende Jahr über sichtbar, bis sie zum elften Festival erst geweißelt und dann mit neuen Motiven bemalt werden.