Hamburg. John Scofield trat im Januar in der Elbphilharmonie auf. Nun ist das Album zum Auftritt erschienen. Neues gibt es auch von Oded Tzur.
Dass ein Jazzlabel über Jahrzehnte eine so hohe Qualität abliefert, dass Fans irgendwann „blind“ zugreifen, also kaufen ohne vorab zu hören, weil das Vertrauen so groß ist, kommt selten vor – selbst bei Blue Note und Verve gab es zwischendurch immer mal wieder Hänger, Alben, die eher Randnotizen der Jazzgeschichte waren.
Etwas anders läuft es da bei ECM, dem Münchner Label mit geradezu fanatisch-treuer Anhängerschaft, die zudem zahlenmäßig stark ist. Hier hat Produzent Manfred Eicher weiterhin ein untrügliches Gespür für Qualität.
Neue Musik: Norweger bleibt sich bei „Opening“ treu
Und wohl auch für das, was sich verkaufen lässt. 200.000 Einheiten soll Pianist Tord Gustavsen von seinen letzten beiden ECM-Alben abgesetzt haben: Das wäre schon im Rock- und Popgeschäft eine enorme Zahl – und ist im Jazz schlicht grandios. Auch seine aktuelle Trio-Aufnahme „Opening“ dürfte viele Fans finden, bleibt der Norweger doch seinem Erfolgsrezept treu, filigrane Songstrukturen behutsam aufzublättern.
Unterstützung bekommt der Pianist dabei von Schlagzeuger Jarle
Vespestad und Steinar Raknes, dem Neuzugang am Bass – beide Meister der Zurückhaltung, die im fußballerischen Sinne mannschaftsdienlich auftreten. Auch wenn das meiste hier auskomponiert und der Raum für Improvisationen beschränkt ist, wirkt dieses Piano-Trio-Album doch sehr spontan und unverbraucht.
„Isabela“ ist eine Entdeckung dieses Jazz-Sommers
Ein Blick auf die Besetzungsliste lässt beim neuen Album von Oded Tzur das Herz höherschlagen, schließlich führt sie Johnathan Blake auf, derzeit einer der angesagtesten Schlagzeuger, dessen Blue-Note-Debüt „Homeward Bound“ 2021 stürmisch gefeiert wurde. Hier ist Blake nun ebenso wie Nitai Hershkovits (Piano) und Petros Klampanis (Bass) als Sideman eines Saxofonisten zu erleben, der hörbar von der indischen Klassik inspiriert ist.
Tzurs lyrisches Spiel, seine feinen melodischen Fäden, machen „Isabela“ zu einer der Entdeckungen dieses Jazz-Sommers. Und die Nummer „Love Song For A Rainy Season“ lässt keinen Zweifel daran, dass dieses Quartett mühelos, auch mal zwei Gänge höherschalten kann.
Scofield spielte schon in der Elbphilharmonie
Dann ist da noch John Scofield. Im vergangenen Januar spielte der Gitarrist ein bemerkenswertes Solokonzert in der Elbphilharmonie, jetzt ist bei ECM die unbetitelte CD zum Auftritt erschienen.
Klassiker wie „Not Fade Away“ (Rolling Stones) oder „You Win Again“ (Hank Williams) neben Eigenkompositionen: Musik, die ungeteilte Aufmerksamkeit braucht, um ihre bisweilen geradezu meditative Wirkung zu entfalten. Mit inzwischen 70 Jahren macht Scofield längst ohne kommerzielle Kompromisse wonach ihm gerade ist – und das verdammt gut.