Hamburg. Die künftigen Betreiber der Bühne am Steindamm bauen im Sommer um und präsentieren zur Neueröffnung den Berliner Komiker und Autor.

Auf dem Absatz zur Treppe in den Rang des Polittbüros hängen an der Wand drei große Fotos: Sie zeigen die Hamburgerin Ortrud Beginnen, Francesca De Martin und Matthias Beltz. Die drei Schauspieler und Kabarettisten gucken seit vielen Jahren von ganz oben zu und sind doch im Polittbüro präsent. Ob das optisch nach der Sommerpause noch so sein wird, wird sich zeigen. In jedem Fall soll der unabhängige Geist in der Tradition der genannten Kolleginnen und Kollegen mit dem Abschied von Lisa Politt und Gunter Schmidt aus ihrer 2003 eröffneten Hamburger Kleinkunst-Institution nicht verschwinden.

Das wurde am Freitag hörbar: Das als Herrchens Frauchen bekannte Satireduo erläuterte mit Michel Abdollahi und Robert Oschatz auf der Bühne die Pläne für Gegenwart und Zukunft des Polittbüros. Spürbar erleichtert präsentierten Politt und Schmidt, die seit 1984 gemeinsam spielen, ihre Nachfolger als Betreiber.

Theater Hamburg: Erhalt des Polittbüros sollte gesichert werden

Der frühere Poetry-Slam-Macher, TV-Moderator („Käpt’ns Dinner“), Fernsehpreisträger („Im Nazidorf“) und Autor Abdollahi und sein Kompagnon - beide leiten auf St. Pauli die Telemichel Produktionsgesellschaft, Oschatz zusätzlich eine Künstleragentur - hätten eigentlich genug zu tun, sagten sie. Doch als Lisa Politt im März bei Abdollahi anfragte, ob er sich vorstellen könne, das Theater zu übernehmen, brauchte es nur eine Woche Bedenkzeit. Der deutsch-iranische Künstler erinnerte sich an erste Soloauftritte vor 15 Jahren im Polittbüro, an dem er mit dem Berliner Chansonkabarettisten Sebastian Krämer auch die Reihe „Freie Universität St. Georg“ veranstaltet hat.

Politt und Schmidt hatten Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda früh in ihre Pläne eingeweiht, um den Erhalt des Polittbüros zu sichern. Und der Behörden-Präses lud nicht nur die vier alten und potenziell neuen Betreiber zum Gespräch, er stellte auch gleich einen Draht zu seinem SPD-Genossen Ralf Neubauer her. Der neue Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte sorgt in Verbindung mit dem Privateigentümer dafür, dass aus dem Haus am Steindamm 45, in dem einst das Neue Cinema und eine Nebenbühne des Deutschen Schauspielhaus standen, weder ein Hotel noch ein Supermarkt wird.

Theater soll vergrößert werden

Abdollahi und Oschatz haben mit dem Eigentümer bewusst einen mittelfristigen Mietvertrag über fünf Jahre (plus zehn Jahre Option) zur kulturellen Nutzung abgeschlossen. In der Sommerpause soll das Theater dank Genehmigung des Bezirks von 222 auf 250 Plätze erweitert werden, auch die Toiletten werden renoviert und behindertengerecht umgebaut.

Über einen neuen Namen mitsamt Logo solle eine Art Findungskommission bei Telemichel entscheiden, sagte Abdollahi. Werbung von Sponsoren soll es wie bisher nicht geben. Bleiben 98.000 Euro pro Spielzeit aus dem Kulturbehörden-Topf zur institutionellen Förderung für Privattheater, mit dem das Polittbüro bisher primär die beiden fest angestellten Techniker des Hauses bezahlt hat. „Wir bleiben eine alternative Bühne, die möglichst vielen offen stehen soll“, sagte Abdollahi. „Bei uns wird es weiterhin Kabarett, politische Stand-up-Comedy und mal die eine oder andere neue Erfindung geben“, kündigte Oschatz an, „auch mal einen Live-Podcast.“

Theater Hamburg: Kurt Krömer kommt in die Hansestadt

Am genauen Programm ab Herbst wird noch gearbeitet. Fest steht, dass der Berliner Komiker und Autor Kurt Krömer Ende September als erster namhafter Künstler am Steindamm auftreten wird. An einer etwas geänderten Preispolitik - bisher kostet eine Karte im Polittbüro maximal 20 Euro - werde ebenso gearbeitet wie an einem neuen Online-Ticketsystem.

Wann immer sie Zeit und Lust haben und es ins Programm passt, können Politt und Schmidt auf „ihrer“ Bühne spielen. Ein neuerliches Weihnachts-Special schloss Lisa Politt für dieses Jahr indes ausdrücklich aus. „Die alte Fregatte muss ins Trockendock“, sagte die mehrfach ausgezeichnete Kabarettistin in der ihr eigenen Art. „Und ich muss mich in den nächsten zwei Jahren erst mal um die vielen Hilfsanträge aus der Corona-Zeit kümmern“, unkte Schmidt. Das vorgezogene Saisonfinale beschließen beide vom 30. Juni an mit ihrem Programm „65 - Das Alter ist sicher!!!“ jedoch bewusst gern selbst.

Saisonabschluss-Programm bis 3.7., u.a mit Hidden Shakespeare Sa 21.5., und Fil So 22.5., jew. 20.00., Karten: 20,-/erm. 15,-; www.polittbuero.de