Hamburg. Der schwedische Schauspieler Alexander Skarsgård über die Wikinger-Dreharbeiten, seine Familie – und sein Faible für das Schanzenviertel.
Die Besetzung von „The Northman“ ist großartig. Neben Alexander Skarsgård spielen in dem Wikinger-Epos Nicole Kidman, Willem Dafoe, Björk, Ethan Hawke und Claes Bang. Optisch ist das Drama beeindruckend. Gleich drei historische Berater werden aufgeführt, die zeigen sollen, wie viel Wert Regisseur Robert Eggers auf Genauigkeit gelegt hat, auch wenn die Handlung locker in ein halbes Pixi-Buch passt. Skarsgård, Sohn des Schauspielers Stellan Skarsgård, erzählt über die Hintergründe dieser Produktion, die ein Budget von 60 Millionen Dollar hatte.
Hamburger Abendblatt: Wird man mit diesem Film den Wikingern gerecht?
Alexander Skarsgård: Das hoffe ich. Auf jeden Fall war das die Absicht, als diese Filmidee geboren wurde. Es hatte ja noch nie eine große epische Kinogeschichte gegeben, die historisch akkurat erzählt worden war. Deshalb war Robert Eggers auch der perfekte Regisseur dafür, ich kenne niemanden in der Filmindustrie, der so stark an Genauigkeit interessiert ist. Der Rechercheaufwand, den er für seine Filme aufbietet, ist fast schockierend. Er wollte, dass sich alles richtig anfühlte, aussah und roch. Für einen Schauspieler ist es toll, wenn man weiß, dass jeder Balken, jeder Nagel, alle Requisiten im Haus stimmig sind. So weit wir wissen, die Wikinger haben ihre Kenntnisse ja nur mündlich überliefert.
Überraschenderweise spielt auch Björk mit, obwohl sie nach den schlechten Erfahrungen, die sie bei den Dreharbeiten zu „Dancer In The Dark“ mit Lars von Trier gemacht hat, nie wieder in einem Film spielen wollte.
Skarsgård: Das stimmt, aber Sjòn, der unser Drehbuch geschrieben hat, und sie sind alte Freunde. Sie sind zusammen auf Island aufgewachsen, hatten zusammen eine Punk-Band in Reykjavík in den 80ern. Sie haben zusammen auf der Bühne gestanden, er hat viel für sie geschrieben. Deshalb konnte er sie überreden. Die Szene, die ich zusammen mit ihr gedreht habe, war unglaublich. Was für eine Nacht!
Wo haben Sie diesen Film gedreht?
Skarsgård: Überwiegend in Nordirland. Belfast war unser Hauptquartier. Ein paar Landschaftsaufnahmen haben wir auch auf Island gedreht.
Sie hatten bei den Dreharbeiten eine Wiederbegegnung mit Nicole Kidman, mit der Sie schon „Big Little Lies“ gedreht haben?
Skarsgård: Ja, das war ein Traum. Wir sind bei den anderen Dreharbeiten ziemlich enge Freunde geworden. Wir können einander vertrauen. Wir wollten so gern wieder zusammenarbeiten. Als dieses Drehbuch fertig war, habe ich sie gefragt.
Ist es eine mutige Entscheidung, eine Australierin als Wikingerkönigin zu besetzen?
Skarsgård: Aber sie sieht sehr nordisch aus. Das passt doch.
Hatten Sie als Teenager auch eine Wikinger-Phase?
Skarsgård: Nicht wirklich. Mein Herz hing damals mehr am Fußball, Hammarby IF ist mein Verein. Wenn man in Schweden aufwächst, redet man nicht viel über Wikinger-Kultur. Sie ist einfach da. Erst als ich in die USA gezogen bin, habe ich realisiert, wie sehr die Menschen von den Nordmännern fasziniert waren.
Wo leben Sie zurzeit?
Skarsgård: In New York und Stockholm. Aber ich verbringe jetzt immer mehr Zeit in Schweden. Ich wollte das Land eigentlich hinter mir lassen, aber je älter ich werde, desto mehr beginne ich es zu schätzen. Außerdem bin ich gern nah bei meiner Familie.
Wie viele Ihrer Geschwister arbeiten zurzeit für die Filmindustrie?
Skarsgård: Wir sind acht Kinder, drei Brüder sind dem Kino verfallen.
Wie sieht eine Familienfeier bei den Skarsgårds aus?
Skarsgård: Nicht so, wie man sich eine schwedische oder eine deutsche Familienfeier vorstellt. Dafür sind wir zu laut, zu chaotisch, zu sehr an den Traditionen Südeuropas orientiert. Es gibt viel zu essen und zu trinken. Jeder brüllt den anderen nieder. Ich liebe das und vermisse es sehr, wenn ich nicht zu Hause bin.
Dieses ist ein amerikanischer Blockbuster. Interessiert Sie auch das europäische Arthouse-Kino?
Skarsgård: Ruben Östlund ist ein unglaublich guter Filmemacher. Einige Jahre lang sind sie im schwedischen Kino immer auf Nummer sicher gefahren. Das war ein bisschen langweilig. Da fehlten die Anarchie und die Verrücktheit. Das Genre Nordic Noir hat sich wie ein Flächenbrand unter den Filmemachern verbreitet. Wir brauchten andere, jüngere Stimmen, aber die bekamen lange keine Chance.
Wir hatten natürlich Roy Andersson. Er ist eine Legende und ein Genie. Aber er war zu lange der einzige visionäre Filmemacher, den wir in Schweden hatten. In Dänemark und Norwegen war damals viel mehr los. Jetzt wird es langsam interessanter, es gibt auch viele junge Regisseurinnen. Ich bin optimistisch.
Sie haben bei den Dreharbeiten zu „Niemandsland“ 2018 in Hamburg im Schanzenviertel gelebt. Wie man hört, hat es Ihnen dort ganz gut gefallen.
Skarsgård: Das war großartig. Die Schanze ist das Beste, eine tolle Umgebung.
Was können wir in nächster Zeit von Ihnen erwarten?
Skarsgård: Ich habe mit Lars von Trier gedreht, eine Fortsetzung der Krankenhausserie „Geister“, 25 Jahre später. Ich spiele den Sohn der Rolle, die mein Vater damals gespielt hat. Das war total lustig. Dann habe ich mit David Cronenberg „Infinity Pool“ gedreht. Wenn wir mit der Pressearbeit für „The Northman“ durch sind, komme ich zurück nach Stockholm, schließe die Tür ab, schalte mein Handy aus, hole mir ein kaltes Bier aus dem Kühlschrank und genieße den Sommer.