Hamburg. 150 Bewerbungen gab es auf eine freie Stelle in der NDR Bigband. Mit Julius Gawlik setzte sich ein Youngster durch, der sichtbar Spaß hat.

Wenn die NDR Bigband ein Konzert gibt, dann ist das nicht nur musikalisch ein Vergnügen, sondern auch ein Hingucker. Insbesondere wegen Julius Gawlik. Dabei ist der 24 Jahre alte Saxofonist, der außerdem Flöte und Klarinette spielt, kein Showman, keiner, der sich in den Vordergrund drängt.

Doch seine sichtbare Begeisterung für die Musik, gerade auch für die Soli seiner Kolleginnen und Kollegen, ist einfach ansteckend. Mit einem breiten Grinsen sitzt er in der Bläsergruppe und wippt im Takt, zuletzt etwa bei einem Konzert mit Schlagzeug-Legende Billy Cobham, um im nächsten Moment selbst furiose Läufe abzuliefern.

NDR Bigband: Newcomer Gawlik

Aufgewachsen ist Gawlik im pfälzischen Landau, wo er im Alter von zwölf Jahren zunächst die Klarinette für sich entdeckte. Für eine Art musikalische Zusatzausbildung war sein Vater verantwortlich, der ihn die heimische Plattensammlung digitalisieren ließ.

„Das war noch die Zeit bevor es all die Streamingdienste gab“, erzählt Julius Gawlik. „Mein Vater wollte die Musik gerne auf dem iPod haben und so habe ich also eine Platte nach der anderen abgespielt und in eine MP3-Datei umgewandelt.“ 100 Euro gab es dafür – und durch Alben von Oscar Peterson, John Coltrane oder Stevie Wonder jede Menge Erkenntnisgewinn. Auch eine Möglichkeit, die Jazz- und Soul-Historie durchzuarbeiten.

Nach Anfängen in Schul-Bigbands schaffte Gawlik es bis ins Bundesjazzorchester und studierte an der Universität der Künste in Berlin, wo er im Sommer vergangenen Jahres seinen Abschluss machte. In einer Zeit, da der Kontakt zum NDR schon hergestellt war und zunehmend enger wurde.

Im Sommer ist die Probezeit absolviert

150 Bewerbungen auf die Bigband-Stelle gab es und Gawlik absolvierte innerhalb von fast zwei Jahren eine Vorspielrunde nach der anderen. „Am Anfang hab ich mich nicht groß damit beschäftigt, ob etwas daraus werden könnte, aber als irgendwann nur noch drei Kandidaten übrig waren, wurde ich schon nervös“ erinnert sich das mit Abstand jüngste Mitglied des Ensembles an den Auswahlprozess, der sich wegen Corona ungewöhnlich in die Länge zog.

Seit August 2021 ist er nun fest angestellt, und wenn er in diesem Sommer die einjährige Probezeit absolviert hat, ist der Vertrag unbefristet – theoretisch eine Lebensanstellung. „Darüber mache ich mir keine Gedanken“, sagt er. Stattdessen genieße er die Zeit mit der Bigband.

Die immer neuen Herausforderungen von Arrangements für Strawinsky-Werke bis zu einer Hommage an den Cool Jazz der 50er-Jahre (am Sonntag in der Elbphilharmonie). Nebenbei findet er Zeit für Eigenes, sei es für Kooperationen mit befreundeten Musikern wie dem Kölner Schlagzeuger Felix Ambach oder für sein Trio, mit dem er zwischendurch auf Tour geht.

Ziemlich toll sei das alles gerade, findet Julius Gawlik. Und es kann noch so viel kommen.

NDR Bigband: American Cool Jazz So 13.2., 20.00, Elbphilharmonie (Großer Saal), ausverkauft. Live-Stream unter elbphilharmonie.de