Hamburg. Der Rock-Musiker denkt noch lange nicht ans Aufhören: Vor Kurzem ist sein 32. Studioalbum „The Boy Named If“ erschienen.

Er ist 67 Jahre alt und könnte als Rock-Veteran gelten. Doch es scheint, als wäre Elvis Costello in einen Jungbrunnen gesprungen. Mit Anlauf und Karacho. 2018 musste er eine Tournee noch wegen einer Krebsbehandlung abbrechen, aber das war nur ein kleiner Umweg in seiner nimmermüden Produkti­vität und Rastlosigkeit. Gerade ist „The Boy Named If“ (EMI) erschienen; es ist schon das 32. Studioalbum des Engländers mit den irischen Wurzeln, der als Declan MacManus geboren wurde.

Die vierte Veröffentlichung innerhalb von vier Jahren. Costello knüpft mit seinem an frühere Werke wie „This Year’s Model“ (1978) und „Armed Forces“ (1979) an, die Nummern zwei und drei in seinem umfassenden Oevre. Damals glänzte der Sänger und Gitarrist mit schnellen Beat-Nummern und rotzigen Texten. In seinen neuen Songs holzt er mit seinen Imposters so richtig los.

Auf die Ohren: Elvis Costello ist noch lange kein Veteran

Ende der 1970er-Jahre hieß seine Band noch The Attractions, doch die Mitglieder sind mit den Imposters nahezu identisch. Steve Nieve bedient alle Arten von Keyboards, Pete Thomas trommelt mit der Energie eines Punkers und der Virtuosität eines Jazz-Drummers, lediglich Davey Faragher kam später zu der Truppe, er bedient den Bass aber auch schon seit 2001.

Das Album beginnt mit „Farewell, Ok“ einer Rocknummer mit den Intensität eines Rave-Stücks. Neben der musikalischen Wucht ist auch Costellos aggressiver Ton wieder da. Das Unwirsche war immer ein Markenzeichen von ihm, ein Ausbund von schlechter Laune ist er jedoch nicht. Seine neuen Lieder erzählt er aus der Perspektive eines Jugendlichen: „Es sind Schnappschüsse aus einer Zeit, in der die Erwachsenenwelt noch sehr bedrohlich wirkt, besonders in sexueller Hinsicht“, erklärt er. „The Death Of Magic Thinking“ ist dafür ein passendes Beispiel.

Elvis Costello klingt so jung wie schon lange nicht mehr

Ursprünglich wollte Costello sich mit seiner Band in den Londoner Abbey-Studios mit dem früheren Produzenten Nick Lowe treffen, doch die Pandemie durchkreuzte diesen Plan. Die Musiker nahmen ihre Beiträge in Kalifornien, Frankreich und Nashville auf und Produzent Sebastian Krys und Costello fügten sie in Los Angeles zusammen. Erstaunlich, wie dicht beieinander die vier Musiker trotz der Distanz klingen. „Eigentlich ist es nicht anders als bei Studio-Sessions“, sagt Costello. „Da spielt man die Songs auch nicht mehr simultan ein.“

Die rauen Beat-Nummern dominieren „The Boy Named If“, aber es gibt auch Balladen wie das feinfühlige „Paint The Red Rose Blue“ oder „Mr. Crescent“, das dieses herausragende Album beendet. „The Man You Love To Hate“ erinnert mit Steve Nieves Kirmes-Orgel an Vaudeville und könnte zu einem Costello-Klassiker werden, das verspielte Anti-Faschisten-Lied „Trick Out The Truth“ klingt wie Karneval-Pop.

Vom Veteranen-Dasein ist Elvis Costello weit entfernt, er klingt so jung wie schon lange nicht mehr.