Hamburg. Musiker und Schauspieler Jon Flemming Olsen, bekannt aus „Dittsche“, stellt sein Album „Mann auf dem Seil“ erstmals mit Streichern vor.

Es gab Tage, da war Jon Flemming Olsen richtig viel und recht weit unterwegs. Wie so viele andere Künstler in Vor-Corona-Zeiten. Jetzt ist er zu Fuß in eine Cafeteria im Stadtteil Hoheluft-Ost gekommen. Zu seiner temporären Arbeitsstätte, der „Eppendorfer Grill-Station“ in Hoheluft-West, sind es Luftlinie nur einige Hundert Meter. Doch hier und heute geht es nicht um seine Schauspieler-Rolle als Imbisswirt und Gastgeber für Olli Dittrich in der mit dem Grimme- und mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten improvisierten Langzeit-Comedy-Reihe „Dittsche – Das wirklich wahre Leben“.

Der Musiker und Autor Jon Flemming Olsen hat etwas Besonderes geplant – ein Projekt, für das er zwischen den Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen Hunderte von Kilometern abgerissen hat. Damals suchte der Sänger und Gitarrist einige Streicher für sein drittes Soloalbum auf, im Gepäck die Noten für seine ersten drei geschriebenen Songs.

Konzert: Jon Flemming Olsen kommt in die Elbphilharmonie

Der vielseitige Hamburger Künstler war da bereits wieder von seinem Landsitz, einem alten Haus nahe der Eckernförder Bucht, in die Hansestadt zurückgezogen – und wurde an der Weser fündig, beim Kammerensemble Konsonanz in Bremen. „Ein klassisches Streichquartett: zwei Geigen, eine Bratsche, ein Cello. Es sind sehr engagierte und versierte Musikerinnen und Musiker, die Chemie zwischen uns hat von Anfang an gestimmt“, erzählt Olsen.

Der 57-Jährige, 2009 aus der von ihm gegründeten Country-Pop-Band Texas Lightning („No No Never“) ausgestiegen, singt seit Jahren nur noch auf Deutsch. „Diesmal habe ich nicht nur komponiert und getextet, es war für mich auch eine Motivation, die Arrangements zu schreiben“, erläutert Olsen die besondere Herausforderung. Der Albumtitel „Mann auf dem Seil“ passe da im doppelten Sinn, sagt Olsen lachend.

Olsen sagt bewusst: „Ich bin Liedermacher“

Eine Art Drahtseilakt ist auch das Konzert mit dem Kammerensemble Konsonanz am 7. Februar in der Elbphilharmonie. Den Kleinen Saal haben Olsen, sein Label Superlaut, bei dem schon sein zweites Soloalbum „Von ganz allein“ erschien, und seine Konzertagentur Block Musik vor geraumer Zeit auf eigene Rechnung gebucht. Und „Mann auf dem Seil“, wiederum finanziert per Crowdfunding, hat Olsen mit den vier Streichern bisher nur zweimal live gegeben, darunter bei der Einspielung Ende 2019 im Schmidtchen am Spielbudenplatz, bei „sehr guter Akustik“ und bewusst ohne großen Applaus, so der Multiinstrumentalist.

Der Kleine Saal des Wahrzeichens am Hafen mit Wänden aus französischem Eichenholz sei nun „sehr gediegen“, drückt Olsen hanseatisch seine Vorfreude aus. Akustik-Gitarre, Tenor-Gitarre, Irish Bouzouki, Mandoline und die selbst gebaute Fuß-Percussion möchte Olsen auch in der Elbphilharmonie spielen, natürlich nicht alles gleichzeitig. „Bei einem Soloalbum zeigt sich, ob ein Song genügend Qualität hat“, meint er. Doch hatten nicht auch bekannte Musiker wie der Brite Elvis Costello vor Jahrzehnten bereits Pop-Alben wie „The Juliet Letters“ mit einem Streichquartett eingespielt, sagte sich Olsen. „Und ich habe ja als Buttje auch schon mal gern mit einer kleinen Geige hantiert“, erinnert sich der Musiker.

13 Titel hat Olsen für „Mann auf dem Seil“ berücksichtigt. Als das Album im Herbst 2020 erstmals auf den Markt kam, wurde es sogleich für den Preis der deutschen Schallplattenkritik nominiert. Live spielen konnte er es danach wegen des monatelangen Lockdowns zunächst nicht einmal solo. Weil es Musik im Stile eines Singer-Songwriters mit deutschen Texten ist, sagt Olsen bewusst: „Ich bin Liedermacher.“ Er mag den Begriff, „es ist ja auch was Handwerkliches“. Selbst mit den Streichern sei es noch immer „erzählende Musik“, bei denen seine Worte, der Text, im Fokus stehen. Das schließt das „große Genre“ Liebeslieder mit ein.

„Alles wahr“ – eine Persiflage auf Verschwörungstheorien

„99,8 Prozent aller Lieder handeln von der Liebe“, schätzt Olsen. Seine These: „Es gibt zu viele Liebeslieder, vor allem, gibt es viele schlechte Liebeslieder.“ Eine Handvoll origineller neuer aus Olsens Feder verschönern die Statistik – die Bandbreite reicht vom melancholischen „Wenn du wiederkommst“ bis zu „Wie macht sie das?“, einem Gute-Laune-Song, der jedem halbwegs anspruchsvollen Radiosender gut zu Gehör stünde.

Doch auch auf unsere Gesellschaft, auf die Erde insgesamt, wirft Jon Flemming Olsen in seinen Liedern immer wieder ironisch-kritische Blicke. „Alles wahr“ wirkt wie eine Persiflage auf Verschwörungstheorien, „Es wird etwas geschehn“ klingt nach einer beschwingten Hymne auf die kommende Generation. „Die Welt ist groß, die Welt ist klein/ist wunderschön, ist hundsgemein/Bring ’n bisschen Liebe in den Tag, es wird etwas geschehn“, lautet der Refrain. Wohlgemerkt alles geschrieben zu Vor-Corona-Zeiten.

Konzert: Jon Flemming Olsen/Kammerensem­ble Konsonanz, Mo 7.2., 19.30, Elbphilharmonie, Kleiner Saal (U Baumwall, Bus 111), Platz der Deutschen Einheit, Karten zu 19,- bis 39,-; www.elbphilharmonie.de; 2G-plus-Veranstaltung
 

CD: „Mann auf dem Seil“ ca. 16,-; Infos: www.jfolsen.de