Hamburg. Jonathan Franzen beinahe in Hamburg, Donizettis “Wahnsinnsarie“, Sarah Bosetti mit Liebe gegen Hass. Außerdem Jazz, Rap und mehr.

Weltliteratur aus den USA und Rap aus dem Ruhrpott, Oper von Donizetti und Comedy von Paul Panzer, Liebe und Hass mit Sarah Bosetti und ein achtsamer Tiger für alle. Wen es nicht in den eigenen vier Wänden hält, der kann auch in der kommenden Woche einiges in Hamburg unternehmen.

Das sind die Tipps der Abendblatt-Redaktion – nur eines können wir Ihnen nicht abnehmen: Die Entscheidung, wem Sie den Vorzug geben möchten.

Oper: "Lucia di Lammermoor"

Eine der ganz großen tragischen, dramatischen Heldinnenszenen ist die „Wahnsinnsarie“ in Donizettis „Lucia di Lammermoor“. Wahnsinnig hat hier nicht nur mit dem Schwierigkeitsgrad der Ausführung zu tun, es geht vor allem um den endgültigen emotionalen Zusammenbruch der schottischen Titeltragödin, die – wie so oft in der Oper – zwischen Liebe und Machtgelüsten aufgerieben wird. Bislang war Amélie Niermeyers Inszenierung nur im Stream gezeigt worden; jetzt, sieben Monate nach der virtuellen Premiere, zeigt die Staatsoper das gute Stück erstmals auch realem Publikum, unter 3G-Bedingungen. Die Titelrolle singt die russische Sopranistin Venera Gimadieva, es dirigiert Giampaolo Bisanti.

„Lucia di Lammermoor“ Di 19.10. / Sa 23.10. / Di 26.10, jeweils 19.30 Uhr, Staatsoper (U Stephansplatz ), Gr. Theaterstr. 25 , Karten 6,- bis 97,-. T. 35 68 68

Literatur, die erste: Jonathan Franzen beinahe live dabei

Jonathan Franzen ist beinahe live in Hamburg.
Jonathan Franzen ist beinahe live in Hamburg. © Rowohlt/Janet Fine | Rowohlt/Janet Fine

In der Stadt wird Jonathan Franzen anders als die Male zuvor nicht sein. Es ist eben immer noch (fast) alles anders als in normalen Zeiten. So wird der große amerikanische Romancier dann eben zugeschaltet am Sonnabendabend, wenn es im Rolf-Liebermann-Studio um Franzens neuen, glorreichen Roman „Crossroads“ geht. Ein Familienroman, wie man ihn vom Meister kennt, mit Hingabe und Können geschrieben und dabei das große Ganze immer im Blick. Das ist in diesem Falle der kulturelle Paradigmenwechsel in den 1970er-Jahren.

In Nordamerika begehrt die Jugend gegen Autoritäten auf, außerdem feiert die Psychoanalyse Triumphe. Die Menschen fangen an, sich intensiv mit sich selbst und ihrem Seelenheil zu beschäftigen. Wobei, was das angeht: Die Bindung an den Glauben bröckelt. Praktischerweise erzählt Franzen in seinem panoramatischen Roman vor allem von einer Pastorenfamilie. Die Hildebrandts sind beinah unvergesslich. Bernt Hahn liest den deutschen Text in dieser Veranstaltung, bei dem das Literaturhaus und der NDR kooperieren. Jan Ehlert moderiert.

Jonathan Franzen Sa 16.10., 19.30, Rolf-Liebermann-Studio (U Hallerstraße, Bus 19, 114)), Oberstr. 124, Karten: 16,-/erm. 12,-, Streaming-Ticket 7,–

Literatur, die zweite: Chile in den 1980er-Jahren

Das Literaturhaus ist in diesem Buchmessenmonat international. Am Dienstagabend ist die Chilenin María José Ferrada am Schwanenwik, um ihren neuen Roman „Kramp“ vorzustellen. Der erzählt eine Vater-Tochter-Geschichte und spielt in den 1980er-Jahren, also einem düsteren Jahrzehnt. Und so ist dieses Werk, das leicht anhebt, am Ende ein dramatisches Unterfangen – und auf jeder Seite lesenswert.

María José Ferrada Moderation: Paul Ingendaay, Di 19.10., 19.30, Literaturhaus (U Mundsburg, Bus 6), Tickets 14,-/erm. 10,–, Streamingticket 7,–

Rap aus dem Ruhrpott: Kayef

Als Heimat der Toten Hosen und Broilers ist Düsseldorf eher als Rockstadt bekannt, aber auch mit Rap kann man an der längsten Theke der Welt gut umgehen. Einer der umtriebigsten Rapper vom Rhein ist Kayef, einer der Pioniere der viralen Selbstverbreitung auf YouTube. Bereits in der YouTube-Steinzeit 2009 sorgte der damalige Teenager mit ersten Tracks für hohe Aufmerksamkeit, und bald dürfte er die 100-Millionen-Marke an Zugriffen überschreiten. Dabei hat sich Kayef bisher stets gängigen Marktmechanismen und großen Labels verweigert, seine vier Alben, zuletzt erschien 2020 „Struggle Is Real“, wurde er auch so los. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern „Chaos (2016) und „Modus“ (2018) schaffte es die Platte nicht in die Top Ten, aber im April vergangenen Jahres war die Welt eben, wie sie war. Jetzt kommt Kayef am 20. Oktober ins Gruenspan, und dort gelten bereits die aktuellen 2G-Regeln. Zumindest akustisch gibt es dort dann „Weißwein x Sprite“, keine Ahnung, ob auch die Bar im Gruenspan das vorrätig hat.

Kayef Mi 20.10., 20.00, Gruenspan (S Reeperbahn), Große Freiheit 58, Karten zu 35,95 im Vorverkauf

Familienmusical: "Der achtsame Tiger"

Der achtsame Tiger im Schmidts Tivoli
Der achtsame Tiger im Schmidts Tivoli © Emilia Dziubak | Emilia Dziubak

Auf keinen Fall soll „Der achtsame Tiger“ für die Katz gewesen sein. Und so feiert das gleichnamige Familien-Musicals fast ein Jahr nach der geplanten Uraufführung dieser Tage seine ersten Vorstellungen im Schmidts Tivoli. Inspiriert vom „Kinderbuch des Jahres 2019“ der Autoren Przemyslaw Wechterowicz und Emilia Dziubak haben Martin Lingnau (Musik) und Heiko Wohlgemuth (Text) ein Stück mit zehn Songs geschrieben, das mit starker Botschaft und jungen Darstellern auf leisen Pfötchen daherkommen soll. Denn: So wild und gefährlich, wie oft gedacht, ist dieser Tiger gewiss nicht. Regie führt Carolin Spieß, deren frühere Schmidt-Inszenierung von „Der kleine Störtebeker“ bis heute bei jungen und alten Besuchern Kultstatus genießt.

„Der achtsame Tiger“ 15.10.–20.11., 10.00, 12.30 und 15.00, Schmidts Tivoli (U St. Pauli, S Reeperbahn), Spielbudenplatz 27/28, Karten zu 19,20 (bis 14 J.) bis 36,20 in der Abendblatt-Geschäftsstelle Gr. Burstah 18–32, T. 30 30 98 98

Satire von Sarah Bosetti

Sarah Bosetti hat ganz viel Liebe für Hasskommentare übrig.
Sarah Bosetti hat ganz viel Liebe für Hasskommentare übrig. © Pressefoto

Aus Aachen kommen nicht nur bedauernswerte Wahlverlierer, sondern auch europaliebende, gewinnende und moderierende Autorinnen. Als solche hat sich Sarah Bosetti aus der Poetry-Slam-Szene über Kabarettbühnen bis in Funk (radioeins) und Fernsehen („Die Anstalt“, „extra 3“) satirisch emporgearbeitet. Nahm sich die jetzige Berlinerin dort zuletzt die schrecklichsten Wahlplakate und die Aussagen des bayerischen Söder-Stellvertreters Aiwanger vor, zeigt sie in ihrem Bühnenprogramm am Mittwoch im Polittbüro einmal mehr, wie sie Hass in Liebe verwandeln kann.

Aus den drastischsten Kommentaren und Beschimpfungen ihr gegenüber macht die 37-Jährige mit fester Stimme bei ihren Leseabenden lustige Liebeslyrik und amüsant-kuriose Geschichten. So wird Feminismus für beide Geschlechter zum Kabarettvergnügen – im Polittbüro im „Schachbrettmuster“ bei den aktuellen 2G-Regeln plus Maskenpflicht am Platz. Ausnahme: beim Trinken.

Sarah Bosetti: „Ich habe nichts gegen Frauen, Du Schlampe! Mit Liebe gegen Hasskommentare“Mi 20.10., 20.00, Polittbüro (U Lohmühlenstraße), Steindamm 45, Karten zu 20,-/erm. 15,-: T. 28 05 54 67; www.polittbuero.de

Comedy von Paul Panzer

Paul Panzer hat die
Paul Panzer hat die "Midlife Crisis" in der Barclays Arena. © Tim Wegner | Tim Wegner

„Panzer, ich begrüße sie!“ – Wenn nur jemand da wäre zum Begrüßen. Denn Paul Panzer alias Dieter Tappert ist am Tiefpunkt angekommen. Tiefpunkt, Tiefpunkt, tieferer Tiefpunkt, sein ganzes Leben ist nur noch Käse. Die Kinder sind ausgezogen, die Frau ist auf Weltreise, und Panzer wird mit der Faust von der Midlife-Crisis umgeworfen. Kommt er da jemals wieder raus? Und wenn ja, dann wie? Wir werden es vielleicht erfahren bei der Comedy-Show „Midlife Crisis“ am 22. Oktober in der Barclays Arena. Für die Veranstaltung gelten die aktuellen 2G-Regeln.

Paul Panzer: „Midlife Crisis“ Fr 22.10., 20.00, Barclays Arena (S Stellingen + Bus 380), Sylvesterallee 10, Karten ab 39,20 im Vorverkauf

Jazz von den Yellowjackets

Bitte recht freundlich: die Yellowjackets
Bitte recht freundlich: die Yellowjackets © Roberto Cifarelli | Roberto Cifarelli

Wer locker treibenden Fusionjazz liebt, kommt seit Jahrzehnten an den Yellow­jackets nicht vorbei. Gegründet wurde das Quartett einst von Mitgliedern der Robben Ford Band, die lieber dem Jazz treu bleiben als den Lockungen der Pop- und Rockbranche erliegen wollten. So ganz treu geblieben sind sie ihm dann aber nicht, finden doch auch Latin-, Funk- und Rockelemente längst Eingang in den Sound der Yellow­jackets, die trotzdem gern gesehene Gäste bei den großen Jazzfestivals der Welt sind. Und warum auch nicht?

Ihre Konzerte sind mitreißend, ein Fest der Lebensfreude – getragen von erstklassigen Musikern, denen der Spaß am Zusammenspiel stets anzusehen ist. In Hamburg werden bei zwei Fabrikkonzerten am 19. Oktober Russell Ferrante (Keyboards), Bob Mintzer (Saxofon), Dane Alderson (Bass) und William Kennedy (Schlagzeug) auf der Bühne stehen. Das verspricht eine fröhliche Jazzgroove-Party und könnte ein Höhepunkt der diesjährigen Hamburger Jazzsaison werden. Bei diesem Konzert gilt die 3G-Regel.

Yellowjackets Di 19.10., 18.45 + 21.15 (jeweils Konzertbeginn), Fabrik (S Altona), Barnerstraße 36, Karten zu 39,-/29,- unter jazzfederation.de und unter fabrik.de