Hamburg. Astrid Demattia war ihren Schülerinnen und Schülern am Goethe-Gymnasium eine musikalische Fackelträgerin. Eine persönliche Würdigung.

Ein Auftritt in der Carnegie Hall: Das ist schon für Topstars der Klassik ein Ritterschlag. Aber für einen Schulchor? Unfassbar. Dass der Chor des Goethe-Gymnasiums aus Lurup im Januar 2015 in einen der weltweit wichtigsten Konzertsäle eingeladen wurde, war eine Sensation.

Ein Höhepunkt in der Geschichte der Schule. Und der vielleicht deutlichste von vielen Belegen dafür, weshalb die verantwortliche Musiklehrerin Astrid Demattia am morgigen Donnerstag vollkommen zu Recht mit einer Bundesverdienstmedaille ausgezeichnet wird. Sie selbst war zunächst fassungslos, als der Anruf kam. So eine Ehre, für mich? Das mochte sie nicht glauben.

Astrid Demattias Herzblut für die Musik

Typisch Astrid, sagen alle, die sie kennen. Weil es bei ihrem über vierzigjährigen Engagement als Lehrerin mit einigen Tausend Überstunden nie um das eigene Ego ging, sondern immer um die Sache. Ihr Herzblut fließt für Musik und deren Vermittlung.

Der Chor des Goethe-Gymnasiums bei einem Auftritt im Hamburger Michel.
Der Chor des Goethe-Gymnasiums bei einem Auftritt im Hamburger Michel. © Klaus Bodig

„Nur wer selbst brennt, kann andere entzünden“: dieses pädagogische Credo hat der damalige Professor Hermann Rauhe seinen Studierenden an der Musikhochschule mit auf den Weg gegeben – und in der jungen Astrid Demattia, geborene Schmoll, eine enthusiastische und fachlich erstklassige Fackelträgerin gefunden.

1981 ging sie als Mittzwanzigerin ans Goethe-Gymnasium, damals noch Gymnasium Rispenweg, in einen Stadtteil, in dem die Kinder eher nicht mit Geige in der Hand auf die Welt kommen. Da ist erst mal Basis- und Überzeugungsarbeit gefragt.

Demattia leistete am Goethe-Gymnasium Aufbauarbeit

Demattia ließ ihre Klassen Opernszenen nachspielen, schleppte kleine Gruppen in Streichquartettkonzerte und organisierte kostengünstigen Instrumentalunterricht. Mitte der 80er-Jahre entstanden unter ihrer Leitung Schulorchester und -chor und wuchsen stetig an, zunächst für Weihnachtskonzerte. 1989 dann die Premiere der „60er-Jahre-Revue“: das erste jener großen Musiktheaterprojekte – mit selbst geschriebenen Libretti und unendlichem Probenaufwand –, die das Profil der Schule bis heute prägen.

Demattias Leidenschaft für die Musik ist untrennbar mit ihrem warmherzigen Wohlwollen und Interesse für die jungen Menschen verbunden. Sie sieht immer die ganze Persönlichkeit, deren Entwicklung sie behutsam und, ja, liebevoll begleitet. Mit dieser Haltung hat sie unzählige Möglichkeiten eröffnet – auch für den Autor dieser Zeilen – und eine Gemeinschaft geschaffen, die weit über die Schulzeit hinaus Bestand hat. Bei Chor- und Orchesterreisen sind oft Ehemalige dabei, viele gehören mittlerweile zum Freundeskreis von Astrid und ihrem Mann Oswald Demattia, einem Kulturjournalisten, der seine Frau seit Jahrzehnten auf den unterschiedlichsten Ebenen unterstützt.

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In den vergangenen Monaten hat sich der Freundeskreis mehrfach zu vertraulichen Zoomkonferenzen getroffen. Denn am Freitag, einen Tag nach der Verleihung der Verdienstmedaille, feiert Astrid Demattia ihren Abschied aus dem Schuldienst. Und das soll ja besonders schön werden, so wie sie es verdient hat.