Hamurg. Erstmals wird der „Bilderatlas Mnemosyne“ im Original in der Sammlung Falckenberg zu sehen sein. Es ist das Lebenswerk des Hamburgers.

Es ist nicht weniger als das Lebenswerk eines Mannes, der sich ganz der Kunst- und Kulturgeschichte verschrieben hatte, das nun in der Sammlung Falckenberg ausgestellt wird: der Bilderatlas Mnemosyne von Aby Warburg (1866-1929).

Der jüdische Bankierssohn aus Hamburg hatte seine Forschung auf die Verwandtschaft zwischen Bildern fokussiert; er war überzeugt davon, dass ein seit Jahrtausenden bestehendes Bildergedächtnis existiert. Anstatt Bücher darüber zu schreiben, entschied er sich für die Darstellung zentraler Werke aus der Kunstgeschichte von der Antike über die Renaissance und den Barock bis in die Moderne.

Warburgs Sammlung umfasst an die 450.000 Objekte

Mnemosyne bedeutet in der griechischen Mythologie die Göttin der Erinnerung. Warburg wollte beweisen, dass wir uns mittels gewisser Formeln an frühere Bilder erinnern, etwa anhand von menschlichen Gesten und Körperhaltungen, die Gefühle wie Trauer, Wut oder Lust ausdrücken. Warburg nannte dies die „Pathosformel“ (Pathos, ebenfalls aus dem Griechischen, heißt Leidenschaft). Überspitzt könnte man also sagen, dass uns diese Formeln bis heute ermöglichen, Bilder zu erkennen und zu deuten, ob im Museum, in Zeitungsartikeln oder in sozialen Medien.

Die ausgewählten Werke ließ Warburg fotografisch reproduzieren. An die 450.000 Objekte soll seine fotografische Sammlung zuletzt umfasst haben. In einer Vorahnung brachten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wissenschaftlers nach dessen Tod einen Großteil dieser Sammlung nach London, um das Vermächtnis vor den Nationalsozialisten zu sichern. Im Warburg Institute London wird dieses kunstgeschichtliche Forschungsprojekt, das eins der größten weltweit ist, bis heute aufbewahrt.

Audioguide ist per QR-Code aufrufbar

Die Kuratoren Axel Heil und Roberto Ohrt haben die Ausstellung mit den dortigen Experten zusammen kuratiert. Erstmals seit Aby Warburgs Tod werden nun rund 1000 Bilder auf 63 Originaltafeln des Atlas öffentlich gezeigt. Eine spannende Reise durch die Epochen wird da aufgefächert, Sternenkunde und Sagenwelten gestreift und überraschende Bezüge offenbart. Man verfolgt gedanklich die Wege, die die Bilder mittels Büchern nahmen und sich so weltumspannend verbreiteten (Warburg nennt sie daher auch „Bilderfahrzeuge“). Dazu treten zeitgenössische Werke der Sammlung Falckenberg, etwa von Hanne Darboven, Albert Oehlen, Ed Ruscha und Elfie Semotan, in den Dialog mit Warburgs vergleichenden Bildordnungssystemen.

Sehr empfehlenswert ist der entsprechende Audioguide, der per QR-Codes in der Ausstellung oder über den Soundcloud-Kanal der Deichtorhallen abrufbar ist – Smartphone und Kopfhörer sind dafür nötig.

Wie Schülerinnen und Schüler übrigens tradierte Bildmotive der christlichen Lehre wie den Sündenfall, die Arche Noah oder das letzte Abendmahl neu inszenieren, zeigt das Buch „Nach dem Paradies. Entdeckungen in Bildern“ von Birgit Hübner und Bettina Knauer, eine Kooperation zwischen dem Erzbistum Hamburg und den Deichtorhallen anlässlich dieser Ausstellung.

„Aby Warburg. Bilderatlas Mnemosyne – Das Original“ 21.8.–31.10., Sammlung Falckenberg (S Harburg), Wilstorfer Str. 71, Tor 2, So 12.00–17.00, Eintritt 10,-/6,- (erm.), www.sammlung-falckenberg.de