Hamburg. Sonderfonds des Bundes gleicht fehlende Ticket-Einnahmen wegen Corona aus und gewährt bei Veranstaltungen Ausfallabsicherungen.

Der Innenhof an der Schanzenstraße 75 ist bei halbwegs sommerlichen Temperaturen ein lauschiges Plätzchen. Über ihn führt auch der Weg zum 3001 Kino. Filme zeigen kann es seit dem bundesweiten Neustart der Kinos am Donnerstag wieder – nach acht Monaten Corona-Pause jedoch alles andere als einträglich.

Das jetzt für Lichtspiel- und Konzerthäuser sowie Theater von den Behörden genehmigte „Schachbrettmuster“ erlaubt abstands- und hygienebedingt maximal 50 Prozent Auslastung. Im 91-Plätze-Saal des 3001 etwa sind es höchstens 40 Plätze, die pro Vorstellung verkauft werden können, erläuterte 3001-Mitarbeiter Philipp Großmann.

Das 3001 Kino war mithin ein exemplarischer Ort, an dem die Hamburger Senatoren Carsten Brosda (Kultur und Medien) und Andreas Dressel (Finanzen, beide SPD) am Freitagmittag ein Hilfsprogramm vorstellten, das insbesondere kleinen und mittleren Kulturbetrieben aus der Corona-Krise helfen soll. „Es müsste eigentlich noch jemand aus Berlin dabei sein“, stellte Brosda fest. Denn der neue Sonderfonds für Kulturveranstaltungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro ist einer vom Bund. Allerdings einer, der zum 1. Juli mit massiver Hilfe Hamburgs an den Start gegangen ist.

2,5 Milliarden Euro Hilfe für die Kultur

So sollen Kulturveranstaltungen unbürokratisch und schnell auch unter Corona-Bedingungen möglich werden. Der Sonderfonds umfasst zum einen die Wirtschaftlichkeitshilfe: Diese steht für Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen zur Verfügung, vom 1. August an auch für Veranstaltungen mit bis zu 2000 Zuschauerinnen und Zuschauern.

Hinzu kommt vom 1. September an die Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen. Bis Freitagmittag waren allein in Hamburg 284 Veranstaltungen mit der Wirtschaftlichkeitshilfe registriert worden. Antragsvolumen: mehr als 23 Millionen Euro. Dazu kamen 67 Veranstaltungen im Rahmen der Ausfallabsicherung in Höhe von fast 23 Millionen Euro.

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Die Idee zum Sonderfonds entstand im engen Austausch mit der Hamburger Veranstaltungswirtschaft, auch das Portal zur Registrierung von Kulturveranstaltungen wird von Hamburg für alle 16 Bundesländer betrieben. Dabei baut die Stadt auf die guten Erfahrungen, die sie bei den bisherigen Corona-Hilfen mit der Kasse.Hamburg (Servicezentrum für Buchhaltungsdienstleistungen der Behörden und Ämter) und dem Unternehmen SAP gemacht hat.

Brosda: „Perspektive für Kunst und Kultur“

„Der Sonderfonds soll dabei helfen, das kulturwirtschaftliche Ökosystem wieder in Schwung zu bringen“, formulierte Brosda. „Gemeinsam geben wir so der Kunst und Kultur wieder eine Perspektive“, sagte der Kultursenator. Und das habe man in nur sechs Wochen auf den Weg gebracht.

„Einen Super-Dreiklang“ nannte Finanzsenator Dressel die Zusammenarbeit zwischen Kasse.Hamburg, der Kulturbehörde und SAP. „Es ist gut investiertes Geld, um das wirtschaftliche und das kulturelle Leben wieder zum Laufen zu bringen.“ Für Nikolaus Hagl, Mitglied der Geschäftsführung von SAP Deutschland, ist die Zusammenarbeit „auch ein Herzensprojekt, indem wir Kulturschaffenden wieder auf die Beine helfen“.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Die Wirtschaftlichkeitshilfe stellt sicher, dass Veranstaltungen auch dann durchgeführt werden können, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes weniger Besucher zugelassen sind und somit weniger Tickets verkauft werden können – faktisch ein Zuschuss zu Ticketverkäufen. Die Ausfallabsicherung greift bei Konzerten und Festivals mit mehr als 2000 Personen, die lange Vorlauf haben. Sie trägt bis zu 80 Prozent der veranstaltungsbezogenen Ausfallkosten. Auch für Veranstaltungen mit weniger als 2000 Gästen wird es eine Ausfallabsicherung geben.

Sonderfonds auch für Reeperbahn Festival und Stage Entertainment?

Außer für Kinos wie das 3001 kommt der Sonderfonds mit den Wirtschaftlichkeitshilfen auch für Theater infrage. Einige Hamburger Privattheater hätten sich schon beim Sonderfonds angemeldet, wurde aus der Kulturbehörde kolportiert. Der Fonds steht jedoch auch Staatstheatern zu, das Hamburger Planetarium ist bereits dabei.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Dazu könnte die Stage Entertainment kommen, die bis auf das Kurzarbeitergeld bislang durch alle Unterstützungsraster von Bund und Stadt fiel. Für die vier Hamburger Häuser nannte der Musical-Multi zuletzt garantierte gut 65 Prozent Auslastung, um öffnen zu können. Dank der Wirtschaftshilfe könnte Stage Entertainment nun mit bis zu 90 Prozent der Einnahmen planen. Ähnliches gilt für Konzertstätten mit Sitzplätzen, aber auch Festivals wie das Reeperbahn Festival (22.-25.9.) könnten von der ab 1. September geltenden Ausfallabsicherung profitieren.

Die Ausfallabsicherung für größere Kulturveranstaltungen werde bis Ende 2022 gelten, die Wirtschaftlichkeitshilfe bis zum Ende des ersten Quartals 2022, teilte Brosda auf Nachfrage mit.

Infos: www.sonderfondskulturveranstaltungen.de