Hamburg. Corny Littmann und seine Stiftung präsentieren vom 23. bis zum 25. Juli internationales Straßentheater auf dem Kiez – kostenlos.

„I like to move it, move it! I like to?” ruft Jongleur Djuggledy zu den Eurodance-Klängen von Reel 2 Real. „Move it!“, kommt es von einem einsamen Rufer zurück. „Ach Hamburg, nicht einschlafen!“, lacht Djuggledy und lässt auf dem Spielbudenplatz seine Diabolo-Doppelkegel auf den Schnüren tanzen. Djuggledy, eigentlich Jan Manske und aus Berlin-Kreuzberg, reist seit 20 Jahren durch die ganze Welt, um mit seinen Künsten und seiner Berliner Schnauze auf Festen und Feiern zu unterhalten.

„Acht Monate war ich im Homeoffice, zuhause ist alles kaputt“, scherzt er, aber es steckt viel Wahres darin. Papierkrieg und Hilfsgelder, Auftrittsverbote, Auftragsflaute. Doch vor wenigen Tagen begann in Celle seine Saison, und vom 23. bis zum 25. Juli kommt er mit seinem Programm „El Diabolo“ wieder nach Hamburg – zum ersten „Spielbudenfestival“ auf dem namensgebenden Spielbudenplatz.

25 Künstlerinnen, Künstler und Gruppen werden auftreten

Veranstalter des Festivals im Rahmen der Stiftertage und des Hamburger Kultursommers sind, und das liegt nahe, Kiez-Entertainment-König Corny Littmann mit seiner Corny-Littmann-Stiftung sowie die Spielbudenplatz Betreibergesellschaft. Schon im vergangenen Jahr war die Premiere dieses Festivals geplant gewesen, aber auch hier hatte Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zwar gab es viele Freiluft-Veranstaltungen, doch internationale Gäste einzuladen war durch die Reisebeschränkungen unmöglich.

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Dieses Jahr soll es klappen. Littmann kündigt beim Pressetermin 25 internationale Künstlerinnen, Künstler und Gruppen an, die teilweise mehrfach auftreten sollen. „Was sie sehen werden, ist internationales Straßentheater und Straßenkunst. Und Straßentheater ist entgegen landläufiger Meinung nicht Theater auf der Straße, sondern es sind Aktionen, die extra für die Straße erdacht worden sind, sehr von der Kommunikation mit dem Publikum leben und die sehr häufig auch in ihrer Darbietung variieren.

Littmann und sein Team wollen an Traditionen anknüpfen

Die Künstlerinnen gehen auf das ein, was sie vom Publikum an Resonanz bekommen“, sagt Corny Littmann nach Djuggledys Showeinlagen. Artistik und Jonglage, Humor und Obskuritäten sind wie bei Djuggledys Diabolo-Geschleuder in bis zu 30 Metern Höhe oft nur Vehikel, um dem Publikum nahe zu kommen. Je aufgeschlossener und begeisterter die Zuschauenden sind, desto besser wird die Show. Mutig, so ein Festival im unterkühlten Norden zu planen.

Aber Littmann und sein Team wollen nicht nur Unterhaltung bieten, und das wohlgemerkt auch noch kostenlos, sondern auch an mehrere alte Traditionen gleichzeitig anknüpfen. Der Spielbudenplatz heiße so, weil es hier um das Jahr 1900 herum Spielbuden gegeben habe. „Die Bekannteste war die von Hagenbeck, der seine Seehundshow zur Darbietung gebracht hat. Daran anknüpfend werden wir vieles, was traditionell zum Straßentheater gehört, präsentieren können.“

Um 1800 traten die ersten Schausteller in Holzbüdchen auf St. Pauli auf

Unter anderem wird die letzte Schaubude ihrer Art, die vor einigen Jahren noch auf dem Dom stand, auf der östlichen Fläche des Spielbudenplatzes aufgebaut. Seinerzeit, um 1800, beeindruckten die Spiel- und Schaubuden mit bunten, eindrucksvollen Zelten und auffälligen Holzfassaden.

Drinnen platzierte sich das Publikum auf kargen Holzbänken, und sah auf der Bühne Kuriositäten wie die Frau ohne Kopf, die Frau ohne Unterleib und andere berührende wie verrückte Ideen der Schaustellerinnen und Schausteller. Um 1900 gab es dann gründerzeitliche Stuckfassaden, aber die Unterhaltung blieb leicht. Bis in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs das Areal verwüstet wurde.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Das war aber nicht das Ende von Straßentheater und -kunst in Hamburg. Kabarettist Eberhard Möbius veranstaltete von 1976 an ein Straßentheater-Festival mit viel Kultur und ein wenig gastronomischer Verpflegung anbei: Das Alstervergnügen. „In den letzten Jahrzehnten hat sich das umgekehrt. Da gab es nur noch eine Sauf- und Fressmeile mit dazugehörigen Kleinkunstaktionen“, bedauert Littmann und betont: „Das wird hier nicht geschehen.“

Ein historisches Vorbild sind die frühen Alstervergnügen

Der Spielbudenplatz und das Alstervergnügen sind die historischen Säulen, auf denen das „Spielbudenfestival“ steht, und auch die Finanzierung läuft zweigleisig: „Zum einem wird meine Stiftung mit 100.000 Euro dazu beitragen, das Festival zu finanzieren. Und zum zweiten haben wir auch aufgrund der Situation im Moment, die auch organisatorisch erheblich mehr Aufwand erfordert, dankenswerterweise von der Stadt Hamburg im Rahmen des Hamburger Kultursommers einen Zuschuss in der Höhe von 35.000 Euro bekommen.“

Das Hygienekonzept werde bis zum ersten Auftritt laufend den jeweils aktuellen Bedingungen angepasst. „Wir sind auf alles vorbereitet und können schnell reagieren“, sagt Littmann. Durchaus praktisch, dass Littmanns Geschäftspartner Axel Strehlitz auch Betreiber der „Corona Freepass“-Teststationen (unter anderem auf dem Kiez) ist. Er sagt: „Es gelten in diesem wie auch im letzten Sommer die AHA-Regeln, wir werden Abstand halten, Hygienestationen haben, wir haben ein Testkonzept und eine Teststation direkt um die Ecke.“

„Es wird wieder Zeit für Kunst und Kleinkunst“

Wer dabei sein wolle, müsse getestet, geimpft oder genesen sein. Keine große Sache mehr, man kennt das ja inzwischen. Und überhaupt gilt für ihn vor allem: „Es wird wieder Zeit für Kunst und Kleinkunst.“ Der Zutritt zum „Spielbuden Festival“ soll kostenlos sei, aber vermutlich ist es für Besucher notwendig, vorab über die Festival-Webseite ein Zeitfenster zu buchen.

Spielbudenfestival Fr 23.7. bis So 25.7., Spielbudenplatz, www.spielbudenfestival.de