Hamburg. Shakespeares Tragödie als Zwei-Personen-Stück. Publikum erlebt Szenen hautnah. Spiel ist ein Albtraum aus Gier, Wahn, Liebe und Blut.
Siegreich kehrt Macbeth aus einer Schlacht zurück auf sein Schloss in Inverness, überschüttet von der Gunst des Königs. Doch für Lady Macbeth ist er nur „Mann und halber Held“. In ihrer maßlosen Gier will sie für ihren Gatten die Königskrone.
John von Düffel, unter Ulrich Khuon Dramaturg am Thalia Theater, hat Shakespeares Tragödie zu einem klugen Zwei-Personen-Stück verdichtet. Oda Pretzschner und Tom Quaas spielen das blutrünstigste Paar der Theatergeschichte in einem Gastspiel bei den Privattheatertagen (PTT) im Sprechwerk. Regisseur Arne Retzlaff braucht als Bühnenbild nur vier Stühle, die als Kreuz auf der Bühne gestellt sind. Das Publikum sitzt mitten in dieser Arena und erlebt diese Szenen einer Ehe hautnah.
Privattheatertage in Hamburg: Macbeth im Sprechwerk
Lady Macbeth ist die treibende Kraft hinter dem Mordanschlag auf den König. Oda Pretzschner zieht alle Register, um ihr Ziel zu erreichen. „König wollen wir werden“, sagt sie. Sie umgarnt ihren Mann, sie provoziert ihn, schreit ihn an, droht ihm. Macbeth Tom Quaas windet sich und ist das Gegenteil eines mutigen Kriegshelden. Er hat Skrupel und geht in seiner Angst auf seine Frau los. Er würgt sie und schlägt sie, doch sie bleibt die Starke.
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Erst zum Ende des Dramas, als die feindlichen Heere bereits nah sind, erkennt sie den drohenden Niedergang. Macbeth dagegen hat sich nach dem Königsmord in einen blutrünstigen Schlächter verwandelt, der jeden Feind meucheln würde, um seine Macht zu bewahren. Doch immer wieder wird er von Wahnvorstellungen heimgesucht.
Wegen der Pandemie konnten die beiden herausragende Schauspieler diese reduzierte „Macbeth“-Fassung nur viermal im heimischen Societaetstheater in Dresden spielen. Auch die PTT-Jury sah die Aufführung jetzt in Hamburg zum ersten Mal live. Doch ein Video dieses klaustrophobischen Kammerspiels hatte die Juroren so überzeugt, dass sie den Dresdener „Macbeth“ nach Hamburg einluden. Zu Recht, denn was Pretzschner und Quaas abliefern, ist Schauspielkunst auf allerhöchstem Niveau. Ihr Spiel ist ein Albtraum aus Gier, Wahn, Liebe und Blut. Am Ende gibt es langen Beifall für dieses mitreißende Spiel.