Hamburg. Senator Brosda erklärt, wie der Kultursommer in Hamburg abläuft und warum es einen klaren Unterschied zum “Wiener Modell“ gibt.

Die Idee eines stadtweiten Kultursommers gefiel dem Hamburger Kultursenator schon im vergangenen Jahr – als noch niemand ernsthaft damit rechnete, dass es einen zweiten Pandemiesommer oder weitere lange Monate der Theater- und Konzerthausschließungen geben könnte. Zwischen Mitte Juli und Mitte August 2021 wird, geht es nach Carsten Brosda, die Kultur nun nicht mehr zu übersehen sein.

Hamburger Abendblatt: Bislang sind auch Open-Air-Veranstaltungen von einer stabil niedrigen Inzidenz abhängig. Sie hatten sich empört, dass im Infektionsschutzgesetz zwischen innen und außen kein Unterschied gemacht wird. Wird der jetzt doch gemacht oder hoffen Sie auf gute Zahlen im Sommer?

Carsten Brosda: Wir gehen schon davon aus, dass wir in zweieinhalb Monaten eine andere Infektionslage als momentan haben werden. Letztes Jahr war es im Sommer gut möglich, Dinge draußen zu veranstalten. Wenn wir jetzt die Zahlen deutlich nach unten bekommen und nicht zu früh zu viel lockern, sondern maßhalten, dann können wir uns selbst einen tollen Sommer schenken. Wenn wir allerdings im Sommer noch bei einer Inzidenz von über 100 liegen, dann haben wir sowieso ein ganz anderes Pro­blem als einen möglicherweise abgesagten Kultursommer. Der Kultursommer kann Ausgangspunkt eines wirksamen kulturellen Neustarts sein, der zeigt, wie toll es ist, Kultur wieder zu erleben. Auch als Signal an die Szene: Es geht wieder was, hier kann man wieder arbeiten und damit auch Geld verdienen.

Lesen Sie auch:

Der Kultursommer wäre eine Art finanzielle und emotionale Brücke?

Brosda: Wir wollen den Schwung mitnehmen in den Herbst, genau. Wir hatten ja im letzten Jahr schon eine Outdoor-Förderung im Sommer, das bauen wir aus. Wir finanzieren die Technik, Künstlerinnen und Künstler bekommen eine anständige Gage, und den Bürgerinnen und Bürger geben wir die Möglichkeit, wieder richtig viel Kultur im analogen Raum zu erleben. Damit, wenn Theater, Konzerthäuser und Clubs wieder regulär öffnen, der Wunsch da ist: Da will ich wieder hin! Das Bewusstsein dafür zu schaffen, ist entscheidend. Am besten, indem man es erlebt und nicht nur darüber spricht.

Warum machen Sie es dann nicht wie in Wien – dort ist der Kultursommer für die Bürgerinnen und Bürger kostenlos.

Brosda: Die Wiener haben den großen Vorteil, dass sie eine städtische Veranstaltungsagentur haben. Die organisiert das komplette Programm. Bei uns werden das private Veranstalter machen. Wir haben darum ein anderes Modell. Es soll aber kein richtiger Eintritt genommen werden, sondern eine möglichst geringe Bearbeitungsgebühr. Kleines Geld, jeder soll sich das leisten können.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Wie muss man es sich konkret vorstellen? An jeder Straßenecke eine Kabarettbühne, in jedem Park eine Ausstellung, auf jedem Marktplatz ein Orchester?

Brosda: Es soll von der großen Bühne bis zur kleinen Hinterhofbühne etwas geben. Ich weiß, dass kulturelle Stadtspaziergänge geplant sind, die pandemiegerecht funktionieren, vorstellbar ist auch, dass das Vorprogramm zu einem sowieso stattfindenden großen Popkonzert Teil des Kultursommers wird. Zuerst eine Hamburger Indieband, dann eine Tanztheatergruppe, dann der eigentliche Headliner, das wäre doch was.

Kämen plötzlich ganz viele Ideen für den Spielbudenplatz, würde die Jury dann nahelegen: Gern – aber bitte in Wandsbek?

Brosda: Das wäre eine Möglichkeit. Wichtig ist uns, dass es überall erlebbar und über eine digitale Plattform buchbar ist, gemeinsam kommuniziert wird, gemeinsam strahlt, sodass alle das Gefühl bekommen: Hier bricht sich die aufgestaute Leidenschaft Bahn. Wir geben einen Schuss ab, und der hat eine gute Chance zu treffen.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Und wenn es gut läuft? Gibt es dann künftig jedes Jahr Hamburger Sommerfestspiele?

Brosda: Das Nachdenken über Kultur im öffentlichen Raum wird vielleicht einen Schub bekommen. Wir gucken dann im Herbst mal, was wir daraus lernen können.