London/Hamburg. In London kamen Dokumente, Fotografien und ein Brief von John Lennon an die Hamburger Fotografin Astrid Kirchherr unter den Hammer.
„Dieser Brief ist nicht zum Valentinstag, sorry!“, schrieb John Lennon im Oktober 1962 aus London an seine Hamburger Freundin Astrid Kirchherr, wohnhaft in der „45 A Eims Buttelner Strasse, Hamburg, Altona“. Es sind Zeilen des Trostes. Ein halbes Jahr zuvor war der bei den frühen Beatles ausgestiegene Bassist und Maler Stuart Sutcliffe, Kirchherrs Verlobter, mit 21 Jahren im Krankenwagen an einer Hirnblutung gestorben. Kirchherr saß neben ihm.
„Es tut mir wirklich leid, dass du so traurig und unsicher bist, was dich betrifft. Du musst wissen, dass Cyn, ich und die anderen Beatles immer das Gleiche für dich empfinden werden. Du wirst für uns immer die Astrid von Stuart sein“, schrieb Lennon, der auch von einem „kleinen John“ berichtete, den er mit seiner Frau Cynthia erwartete.
Große Beatles-Auktion in London – inklusive Brief an Astrid Kirchherr
Dieser Brief an die im Mai 2020 gestorbene Fotografin und Künstlerin sowie weitere Beatles-Dokumente und -Fotografien unbekannter Herkunft sind an diesem Mittwoch vom Londoner Auktionshaus Bonhams versteigert worden.
Neben dem zweiseitigen Brief von John Lennon kamen auch zwei Zeichnungen Lennons, ein Brief von Paul McCartney, rare Fotos von den Beatles im Juni 1962 am Hamburger Flughafen und Lennons Hamburger Visa-Dokumente unter den Hammer.
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Beatles-Memorabilia erzielen mehr als 440.000 Euro bei Auktion
Natürlich waren diese Fab-Four-Reliquien in erster Linie für wohlhabende Sammler interessant: Der Brief an Kirchherr, für den 23.000 Euro erwartet worden waren, wurde für 58.000 Euro versteigert. Ebenfalls einen Käufer fanden John Lennons Visa-Dokumente für seinen Aufenthalt in Hamburg im August 1960. Das finale Gebot lag bei 160.000 Euro, ebenfalls deutlich höher als erwartet.
Insgesamt erzielten die Memorabilia 383.823 Pfund (443.719 Euro). Und sie dokumentieren eine popkulturelle Zeitenwende: Als die Beatles 1960 nach Hamburg kamen, waren sie eine mäßig talentierte Rock-’n’-Roll-Kapelle unter vielen.
Hamburger Freundschaften erweiterten die Horizonte der Beatles
Aber die Freundschaften, die sie in der Hansestadt schlossen, besonders mit Astrid Kirchherr, dem Fotografen Jürgen Vollmer und dem Grafiker Klaus Voormann, erweiterten die Horizonte von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und dem dazustoßenden Ringo Starr. Das ging weit über die Pilzkopf-Frisuren und den eleganten Look hinaus, den Kirchherr und Vollmer den Beatles verpassten. Als Kirchherr im Frühling 1963 mit Paul, George, Ringo und Klaus nach Teneriffa reiste, war die Beatlemania schon am Anrollen.
Als die Beatles auf den Pop-Olymp hasteten, lösten sich die festen Bande, auch Kirchherr ging neue Wege weg von der Fotografie und hin zur Mode und zum Wohndesign. Von allen vieren war George ihr nach Stuarts Tod „der Liebste“, ihm blieb sie bis zu seinem Tod 2001 am engsten verbunden.
Astrid Kirchherr trat ungern öffentlich auf
Astrid Kirchherr trat ungern öffentlich auf, inspirierte aber vor allem wegen ihrer so romantischen wie tragischen Beziehung zu Stuart Sutcliffe Beatles-Fans, Filmemacher („Backbeat“, 1994) und Comiczeichner („Baby’s In Black“, 2010). Ihr künstlerisches Erbe inklusive der Beatles-Fotografien und -Memorabilien verkaufte Kirchherr bereits 2011 für eine unbekannte Summe an eine amerikanische Investorenfamilie, die in Zusammenarbeit mit Kirchherrs langjährigem Vertrauten Kai-Uwe Franz das Erbe verwaltet und für ausgesuchte Ausstellungen kuratiert.
Sie zeigen die Kunst einer Wegbereiterin eines ungeahnten Aufbruchs, wie George Harrison sagte: „Astrid war diejenige, die unser Image mehr als jeder andere beeinflusste. Sie ließ uns gut aussehen.“