Hamburg. Die Hamburger noroomgallery verteilt kostenlos Kunst. Und schafft mit dem Projekt „Die Künstler*innen Pakete“ ein eigenes Kunstwerk.

„Ein Wunschkonzert soll das nicht sein.“ Jan Holtmann von der Hamburger noroomgallery bleibt im Ungefähren, wenn man ihn nach seinem Projekt „Die Künstler*innen Pakete“ fragt.

Worum genau es geht, verrät er nicht, klar ist nur, worum es nicht geht: dass sich Kunstfans aussuchen, was sie für Kunst nach Hause geliefert bekommen. „Die Künstler*innen Pakete“ ist eine Wundertüte. Man könnte auch sagen: Verkauft wird die Katze im Sack. Wenn man davon absieht, dass nichts verkauft wird.

Kostenlose Kunst wird individuell zugewiesen

Die Idee ist, dass Interessenten bei Holtmann anrufen und im kurzen Gespräch ihre Motivation formulieren, weswegen sie bei dem Projekt mitmachen möchten. Aus diesem Gespräch schließt Holtmann dann, welches Paket am besten passen würde. Und das wird dann geliefert, kostenlos, möglicherweise entstehen ein paar Transportgebühren, aber die Kunst selbst ist gratis.

Und weil der Initiator des Projekts ein paar Hochkaräter dabei hat, John Bock, Bogomir Ecker oder Michaela Melián etwa, werden die meisten Anrufer ein Paket von denen wollen. Was sicher ist: Wer schon mit dem ersten Satz betont, dass er unbedingt einen echten Tobias Rehberger für sein Wohnzimmer möchte, der bekommt sicher nicht das Rehberger-Paket.

Überraschungspaket, das fordern soll

Ohnehin sind „Die Künstler*innen Pakete“ nicht wirklich was für die Wohnzimmerwand. Sondern Kunst, die einen fordert. Okay, das macht gelungene Kunst immer, aber hier geht es darum, dass der Anspruch ganz konkret ist: Dass man sich einbringt, indem man sich mit dem gelieferten Werk sportlich betätigt, zum Beispiel. Oder das man einen Bausatz bekommt, den man selbst zusammenbaut.

Genauer wird Holtmann nicht, er möchte, dass die Lieferung eine Überraschung bleibt, dass das eigentliche Kunstwerk nicht das gelieferte Objekt ist, sondern die Situation, die beim Auspacken entsteht. „Es geht nicht darum, Bilder oder Skulpturen zu verschicken“, meint er. „Vielmehr wird mit jeder Paket-Idee ein Angebot gemacht und untersucht, inwiefern das Paket selbst ein Genre sein kann.“

Aktion ist nicht zum Pausieren gezwungen

Seit mehr als 20 Jahren bewegt sich Holtmanns noroomgallery durch die Hamburger Subkultur, keine Galerie im klassischen Sinne, vielmehr ein Infragestellen der Konventionen von Kunstmarkt und Kunstpräsentation.

Die aktuelle Aktion „Die Künstler*innen Pakete“ ist gerade in der durch die Corona-Pandemie zum Pausieren gezwungenen Kunstwelt ein interessanter Aufschlag: Zwar ist die Kunst hier präsent, die Rollen im Spiel aber verschwimmen, jeder kann gleichzeitig Künstlerin und Zuschauer, Galerist und Kuratorin sein.

Kunststiftung Bonn fördert Projekt

Übrigens: Auch wenn die Pakete selbst für die Kunstfreunde kostenlos sind, werden die zwölf beteiligten Künstler selbstverständlich bezahlt. Das Projekt ist gefördert durch die Kunststiftung Bonn.

Was die Marktstrukturen der Szene ebenfalls raffiniert unterläuft – um reine Selbstausbeutung um der Kunst willen geht es hier so wenig wie ums schnöde Geldverdienen.

Interessenten können sich telefonisch unter T. 0176 92244936 bei Jan Holtmann um die „Künstler*innen Pakete“ bewerben. Das Projekt läuft bis Ende März.