Hamburg. Den Hamburger Kabarettisten trifft der zweite Lockdown mehrfach. Auch deshalb engagiert er sich im Bündnis #AlarmstufeRot.
Herbert Grönemeyer war der Hauptredner, Bodo Wartke schrieb den Protestsong „Es herrscht Alarmstufe Rot“. Der Sänger aus Bochum und der Kabarettist aus Hamburg warnten schon im September bei der großen Demonstration des Aktionsbündnisses #AlarmstufeRot in Berlin vor der Gefahr der kulturellen Verödung. Damals waren kleine Konzerte zumindest an der frischen Luft noch möglich. Sollte es noch in diesem Dezember zu einem weiteren Protest der Veranstaltungsbranche in Hamburg kommen, will der Wahlberliner Wartke auch hier dabei sein.
Denn im Teil-Lockdown ist der seit einiger Zeit in der Hauptstadt lebende 43-Jährige nicht nur erneut als Solokünstler vom Stillstand betroffen, sondern auch als Eigenveranstalter seiner Konzerte. Seine im Hamburger Grindelviertel ansässige Reimkultur GmbH (zwölf Festangestellte) betreibt auch Tour-Management, Ticketverkauf, ist Verlag und Vertrieb mit Büchern, Video-, CD- und DVD-Produktion. Bodo Wartke, der drei ältere Soloprogramme in der stets ausverkauften Stadtparkbühne spielte und mit den Stücken „König Ödipus“ und „Antigone“ im Sommer 2019 das Thalia Theater füllte, vertraut indes seinem Geschäftsführer Sven Schütze.
Interaktion mit dem Publikum
Seinen Part als Solokünstler habe er 2020 zu keinem Zeitpunkt verflucht, so Wartke. „Ich würde es eher bereuen, wenn ich in all den Jahren zuvor einen anderen Beruf ausgeübt hätte, der mich aber gar nicht erfüllt“, sagt der Kreativkopf, der seine Ideen so gern live teilt: „Meine Kunst lebt ja sehr von der Interaktion mit meinem Publikum.“ Und sein 2006 gegründetes Unternehmen? „Wir sind ein sogenanntes Mischunternehmen und gelten daher schon als mittelständische Firma“, erläutert Geschäftsführer Schütze ein Dilemma.
Mit den Zuschüssen vom Bund konnten sie die Miete für das Büro bezahlen, auch das Kurzarbeitergeld hilft. Aber in Neues investieren? Kaum möglich. „Wir bei Reimkultur und Bodo sind in der glücklichen Lage, dass uns die Fans Geld spenden, und zwar in solchem Umfang, dass wir davon wirklich etwas bewegen können. Aber Bodo hat eben auch eine sehr breite, sehr geneigte und durchaus gut situierte Gemeinschaft, die dazu bereit ist. Das haben nicht viele Künstler“, weiß Schütze um die Nöte der Kleinen.
Überbrückungshilfe wird dringend benötigt
Ein Fernseh-Promi ist sein Gesellschafter trotzdem nicht, allenfalls einer für „3sat Festival“. Wartke sagt: „Wir haben entschieden, mit den Spendengeldern künstlerische Projekte zu realisieren, wie etwa jüngst die Produktion eines Musikvideos mit meiner Band, um damit neue Inhalte zu präsentieren und gleichzeitig auch unsere freischaffenden Mitarbeitenden in Lohn und Brot zu bringen.“
Am kürzlich angekündigten erweiterten Corona-Schutzschirm des Hamburger Senats ist für den Geschäftsführer nur die „Überbrückungshilfe 3“ fürs Frühjahr 2021 neu. „Die wird auch bei uns dringend nötig sein, denn aktuell geht kaum jemand in der Branche davon aus, dass man bis zum Sommer 2021 regulär wird spielen können.“ Seine Hoffnung und Sorge zugleich: „Mit Glück können wir diesen Zeitraum überbrücken und die Arbeitsplätze alle erhalten, aber dann muss es wieder
losgehen, sonst ist Reimkultur Geschichte.“
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Kabarett-Entertainer Wartke, der vor fast 25 Jahren als Solokünstler in der damaligen Agma-Zeitbühne (heute: BiB) in Altona-Nord anfing, bilanziert das Jahr 2020 auch ohne Reime treffend-
sarkastisch: „Im März hofften wir alle, es würde im Sommer wieder losgehen. Im Sommer hofften wir auf den Winter. Und jetzt im Winter begraben wir die Hoffnung auf das nächste Frühjahr.“
Bodo Wartke: „Abschied im Park“ 3er-CD-Set (+ Bonus-DVD): 24,90; www.bodowartke.de
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