Hamburg. Bei der City Art Week können Besucher 100 Kunstwerke in fünf Passagen ansehen und anschließend in einer Popup-Galerie kaufen.
Das Hanseviertel am Dienstagmorgen um halb zehn: Vor dem Tabakgeschäft lässt man bei Cappuccino und Zeitungslektüre den Tag gemächlich beginnen, Verkäufer bereiten sich auf ihre Kundschaft vor, die Globus-Skulptur am Eingang Große Bleichen sorgt für meditatives Plätschern. Eine fast museale Stille inmitten der Stadt. Und damit die perfekte Kulisse für den Kunstgenuss.
Die Kunst, sie hängt hier in großformatigen Reproduktionen von der Decke: Michael Wesselys fotografisches „Stillleben“ welkender Tulpen neben der fantasievollen Acrylarbeit „Look at me!“ von Xiyao Wang, daneben die Hamburgerin Penny Monogious mit ihrem Figurenwerk „Frieze of Parthenon“. Die ganze Bandbreite zeitgenössischer künstlerischer Produktion in einer Passage – und das alles ohne Eintritt!
Bis zum 9. November werden im Rahmen der ersten City Art Week rund 100 hochkarätige Kunstwerke im Hamburger Passagenviertel gezeigt. Dazu gehören Hanseviertel, Galleria-Passage, Mellinpassage, Kaisergalerie und Stadthöfe. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt: Normalerweise würde die Affordable Art Fair jetzt mehrere tausend Besucher zur Kunstschau in die Messehallen locken; sie kann jedoch in diesem Jahr coronabedingt zum ersten Mal nur virtuell stattfinden (siehe Kasten).
Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf Hamburger Kreativen
„Die City Art Week will Künstlerinnen und Künstler sichtbar machen und besonders während der Coronakrise unterstützen. Zugleich soll die Innenstadt belebt werden“, sagt Initiatorin Anna Schwan. Die Hamburger PR-Agentin betreut die Affordable Art Fair und hat in diesem Sommer schon die öffentliche Kunstplattform #MeetFrida ins Leben gerufen. Die aktuelle Kunstveranstaltung ist ein Kollaborationsprojekt von Schwan Communications, Spiegelberger Stiftung, die die Kunstwerke ausgewählt und dabei den Schwerpunkt auf Hamburger Kreative gelegt hat, sowie Crystal Studios (verantwortlich für Social Media und Organisation).
Zur Sichtbarmachung der Künstler gehört auch ein offenes Atelier mitten im Hanseviertel: Dort, wo bis vor Kurzem noch Bowls verkauft wurden, hat sich der Hamburger Maler Darko C. Nikolic eingerichtet. Passanten können ihm bei der Entstehung seiner Werke zusehen, mit ihm ins Gespräch kommen und natürlich auch seine Kunst kaufen; in der Ausstellung ist er mit der farbintensiven Acrylarbeit „Rollin’“ vertreten. „Ich mag das Improvisierte, Nicht-Perfekte“, sagt Nikolic, der sein Atelier eigentlich im Gängeviertel hat und nicht gerade leidenschaftlicher Passagengänger ist, nun aber die Prominenz auf Zeit genießt.
„Die City Art Week macht die Stadt zur Bühne für viele tolle bildende Künstlerinnen und Künstler. Schön, dass auch Dirk Meinzer als ehemaliger Hamburg-Stipendiat dabei ist! Er bewegt sich mit seiner Kunst virtuos, ideenreich und kraftvoll zwischen den Welten der Kunst und der Wissenschaft“, so Kultursenator Carsten Brosda (SPD).
City Art Week soll auch im nächsten Jahr stattfinden
Auch Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) hat eine Favoritin unter den Künstlern: „Josephine Sagnas Arbeiten sprühen vor Energie, Farbe und Emotionalität. Sie ziehen den Betrachter geradezu in das Bild hinein. Mir gefällt ihr positiver, optimistischer Ausdruck, bei aller Ernsthaftigkeit der Themen, die sie spielt: Identität, Empowerment, aber auch Rassismus und Stereotypen.“
Ein Highlight der City Art Week wird die Popup Art Fair vom 6. bis 9. November im Schmidtchen City in der Galleria Passage sein. Dort werden die gezeigten Künstlerinnen und Künstler mit originalen Arbeiten ab 500 Euro vertreten sein, die direkt vor Ort erworben werden können. Die Gewinne aus dem Verkauf fließen direkt an die Produzenten.
Oliver Lähndorf, Direktor der Affordable Art Fair Hamburg, unterstützt die Ausstellung auf Zeit: „Sie zeigt, wie durch Kunst neue Nutzungsformen auch in Krisenzeiten entstehen können.“ Corona hin oder her – geht es nach Anna Schwan, wird es auch im nächsten Jahr eine City Art Week geben.
Die Affordable Art Fair Hamburg : jetzt digital:
- Parallel zur City Art Week wird es in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie erstmals eine rein digitale Ausgabe der Affordable Art Fair (AAF) Hamburg geben. Vom 6. bis 30.11. können Interessierte im Internet unter affordableartfair.com zeitgenössische Arbeiten internationaler Künstlerinnen und Künstler zum Preis von 500 bis 7500 Euro kaufen. Jede Galerie kann in ihrem jeweiligen „Viewing Room“ besucht werden.
- In persönlichen Digitaltouren stellen Messedirektoren, unter anderem auch der Hamburger Oliver Lähndorf, Werke vor und halten Vorträge. Motivation für die digitale Veranstaltung waren die starken Online-Kunstverkäufe, die die AAF 2020 verzeichnen konnte. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 170 Prozent.
Das Hamburger Abendblatt lädt Leserinnen und Leser zu einer privaten Führung durch die Popup Art Fair der City Art Week und zum anschließenden Gespräch mit dem Künstler Tronje van Ellen. Termin: 9.11., 14.00 und 15.30, Treffpunkt: Schmidtchen City in der Galleria Passage, Große Bleichen 21. Karten in der Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32, T. 040/30 30 98 98 oder www.abendblatt.de/leserevents