Hamburg. Stage Entertainment plant Neustart. Wiederaufnahme von „Pretty Woman“ ab Januar denkbar, „Die Eiskönigin“ kommt später.

Manch Skeptiker hatte schon gemutmaßt, die großen Hamburger Musicals würden gar nicht mehr zu erleben sein, die vier seit dem 13. März geschlossenen Hamburger Theater der Stage Entertainment GmbH wegen der Corona-Krise womöglich ewig dicht bleiben.

Doch aufwendige Produktionen in großen Musical-Theatern erfordern eben noch mehr Arbeit, Zeit, Um- und Neuplanungen in diesen für den Kulturbetrieb ohnehin schwierigen Zeiten.

In diesem Jahr geht nichts mehr

Am Dienstag gab Uschi Neuss, Geschäftsführerin von Stage Entertainment Deutschland, am Firmensitz Hamburg bekannt, wann und wie die insgesamt neun Musical-Häuser in der Hansestadt, Berlin und Stuttgart wieder in den Spielbetrieb versetzt werden sollen – alles unter Voraussetzung der Wirtschaftlichkeit.

Wie zu erwarten geht in diesem Jahr nichts mehr, nachdem Stage Entertainment zuletzt 600.000 Ticket-Umbuchungen vornehmen musste. Bei derzeit bundesweit weniger als 1000 erlaubten Besuchern und Zuschauer-Kapazitäten von maximal 30 Prozent wäre jede Aufführungen defizitär. Und genehmigte Erweiterungen sind angesichts der aktuellen Corona-Zahlen für 2020 von den Behörden nicht zu erwarten.

Stage-Chefin Uschi Neuss plädiert für nur einen Sitz Abstand

„Die Obergrenze wie sie in Hamburg mit derzeit 650 Besuchern besteht, ist nicht die Kapazität, die wir brauchen“, sagte Uschi Neuss in einem Video-Interview, das auf der Homepage des Unternehmens zu sehen ist. Es zeigt die Stage-Chefin im großzügigen Foyer des Theaters an der Elbe. Neuss plädierte dafür, den Abstand von zwei Plätzen auf einen Sitz zu reduzieren.

Im Theater an der Elbe soll möglichst schon im Januar 2021 mit „Pretty Woman“ die erste Wiederaufnahme einer Show folgen, um das neue Sicherheits- und Hygiene-Konzepte für Mitarbeiter und Zuschauer unter Beweis zu stellen. „Pretty Woman“ wird bis Juni verlängert und soll im Theater an der Elbe im August vom neuen Disney-Musical „Die Eiskönigin“ abgelöst werden, deren Premiere bisher für Februar oder März geplant war.

Neuinszenierter Broadway-Erfolg zieht in die Neue Flora

Im Stage Theater Neue Flora, in dem das Artistik-Musical „Paramour“ bis Ende September hätte laufen sollen, wird ab Mai 2021 die Neuinszenierung des verhexten Broadway-Erfolgs „Wicked“ einziehen. Das Comeback des Musical-Hits „Mamma Mia!“, das lange Jahre im Operettenhaus begeistert hat, verschiebt sich in der Neuen Flora auf Mai 2022.

Kapazität von mindestens 70 Prozent?

Wo aber liegt die wirtschaftlich notwendige und von den Behörden genehmigte Kapazität? „Das variiert natürlich leicht von Stück zu Stück, und es kommt am Ende auch auf den tatsächlich erzielten Durchschnittspreis pro Gast an“, sagte Stage-Entertainment-Sprecher Stephan Jaekel auf Abendblatt-Nachfrage. „Aber in der Größenordnung von rund 70 Prozent müsste sie mindestens liegen.“ Mit dem Gesundheitsamt und der zuständigen Berufsgenossenschaft sei ein detailliertes Konzept erarbeitet worden, das eine komplette Trennung von Zuschauer- und Backstage-Bereichen sowie eine perfekte Belüftungsanlagen in allen Theatern sicherstelle, so Jaekel.

Uschi Neuss kündigte an, alle Künstler dürften auf der Bühne wie in den Original-Inszenierungen agieren – nur Küssen und Beißen ist nicht erlaubt. Wie das gehen soll? „Es wird regelmäßige Corona-Tests der Ensembles und Maskenpflicht für alle Ensemble- und Backstage-Kollegen jenseits der Bühne. geben“, sagte Jaekel auf Nachfrage. Mit diesen Maßnahmen soll 2021 auch die Wiederaufnahme von „Der König der Löwen“ im Stage Theater im Hafen und von „Tina – das Tina Turner Musical“ im Operettenhaus möglich werden.

Auch die Musical-Darsteller sind noch in Kurzarbeit

Noch sind 95 Prozent der 1600 Stage-Mitarbeiter in Deutschland, unter ihnen auch die Darsteller, in Kurzarbeit. Bis auf das Kurzarbeitergeld hat das Unterhaltungs-Unternehmen bisher kein Geld vom Staat erhalten. „Wir fallen aktuell durch sämtliche Prüfungsraster aller bestehenden Töpfe, egal aus welcher Quelle“, sagte Jaekel.

„Wir sind jedoch in enger Abstimmung mit der Hamburger Wirtschafts-, Finanz- und Kulturbehörde und erhoffen, durch den Schulterschluss dieser drei Behörden zukunftsgerichtete Lösungsansätze zu finden.“ Das Entscheidende aber bleibt die bundesweite Entwicklung der Corona-Infektionszahlen.

Weitere Informationen: www.musicals.de