Hamburg. Enttäuschend überraschungsfrei war der Beethoven-Abend des NDR Elbphilharmonie Orchesters im Großen Saal.

Das ausgefallenste Jubiläum des Corona-Jahres 2020 ist, zumindest aus ­Musikersicht, natürlich das von Beethoven. Was hatte man sich in Bonn aus und anderswo alles ausgedacht! Aber der eigentliche Geburtstag ist ja erst im Dezember, da lässt sich in den verbleibenden Monaten noch einiges nachholen.

Krzysztof Urbański und das NDR Elbphilharmonie Orchester jedenfalls haben im Großen Saal der Elbphilharmonie einen reinen Beethoven-Abend gegeben mit dem Fünften Klavierkonzert und der Ersten Sinfonie. Zum klassischen Bläsersatz plus Pauke kam eine immerhin 24-köpfige Streicherbesetzung. Das ist zwar in den Geigen nur ungefähr die Hälfte der gewohnten Stärke, aber dafür um so näher an den Ensemblegrößen der Beethovenzeit.

NDR Elbphilharmonie Orchester: Beethoven phantasielos

Prompt springt die Phantasie an: Was werden sie daraus machen? Wie findet man, die leidigen Abstände mal beiseite, zu sechst einen kohärenten Klang – und welchen findet man? Wieviel Vibrato und Bogenstrecke dürfen es sein, wie sollen die kleinen Figuren artikuliert werden? Und noch viel mehr Fragen.

Wie wahnsinnig schade, dass die Künstler diese Neugierde so gar nicht bedienten. Wir wissen ja, dass das NDR Elbphilharmonie Orchester Beethoven spielen kann. Aber wer sich derart berühmtes Repertoire vornimmt, muss sich fragen lassen, was er damit sagen will.

Urbański dirigierte ohne Spannung, ohne Kontraste

Die Antwort blieb der Dirigent schuldig. Wie immer versprühte Urbański gute Laune und ein gewisses Popstar-Flair. Aber von einem Willen, aus der Musik ihre Botschaft herauszuholen, sich ihr auszuliefern, um ihretwillen Risiken einzugehen, war nichts zu merken. Urbański dirigierte locker und mitunter womöglich in zu großen Werten, um jedes Klappern im Orchester zu vermeiden. So waren die Abstände leider doch hörbar.

Vor allem aber ließ er es an Gestaltung, an Kontrasten, an dramatischer Spannung fehlen. Auch in einem so bekannten Werk wie dem Fünften Klavierkonzert gibt es noch Dinge zu entdecken, und um solcher Entdeckungen, um nicht zu sagen, um solcher Erschütterungen willen gehen wir doch ins Konzert. Dafür hätte Urbański die Musiker aus der Komfortzone holen müssen – Fehlanzeige.

Ordentlich präsentiertes Kurz-Konzert – nicht mehr und nicht weniger

So wurde es ein ordentlich präsentiertes Kurz-Konzert, nicht mehr und nicht weniger. Auch der Pianist Dejan Lazić spielte seinen Part tadellos, formte kleine Szenen und kostete die dynamische Bandbreite des Steinway aus. Doch es blieb der Eindruck einer Kühle im Ton. Die mochte auch der Tatsache zu verdanken sein, dass die schmerzlich unterbesetzte Elbphilharmonie halliger klang als gewohnt.

Nach einer guten Stunde: freundlicher Beifall. Und irgendwo aus den Rängen rief jemand „Danke“. Das kam von Herzen. Wie tröstlich.