Hamburg. Kunsthallen-Direktor Alexander Klar sieht in der Finanzierung kein großes Problem und sagt: „Die Hamburger müssen das wollen.“
Alexander Klar denkt groß, das hat er schon in Wiesbaden bewiesen, wo er die Sanierung und Erweiterung des dortigen Museums in sechsjähriger unermüdlicher Arbeit auf den Weg brachte – heute ein Vorzeigebau. Auch in Hamburg hat Klar, seit einem Jahr Direktor der Kunsthalle, mehr vor, als lediglich Bestandssicherung, wie er unlängst im Abendblatt-Podcast „Entscheider treffen Haider“ erzählte: Sein Traum ist die Erweiterung von Kunsthalle und Galerie der Gegenwart Richtung Binnenalster.
Erweiterungsbau im "Filetstück Hamburgs"?
Kultursenator Carsten Brosda habe beim Bewerbungsgespräch etwas scherzhaft angemerkt, in Hamburg sei ja alles im Lot, da brauche es keine Erweiterungskampagne wie einst in Wiesbaden, doch nun ist es tatsächlich Klar, der die Diskussion darüber anstößt, wie das „Filetstück Hamburgs“, die Fläche zwischen Binnen- und Außenalster, an der der vielspurige Ring 1 über die Lombardsbrücke führt und der Geräuschpegel zu fast jeder Tageszeit enorm ist, künftig genutzt werden soll.
„Wer jetzt auf der Platte zwischen Kunsthalle und Galerie der Gegenwart sitzt, schaut auf die Binnenalster, aber eben auch auf eine Stadtautobahn“, sagt Klar. „Wer will das denn heute noch?“ Er selbst habe noch nie ein Auto besessen, fahre Rad, nutze Car-Sharing oder den öffentlichen Nahverkehr. Eine verkehrspolitische Debatte sei dringend notwendig. Und könnte aus seiner Sicht durchaus zum Erfolg führen: „In den 80er-Jahren wurde die Einführung von Fußgängerzonen massiv bekämpft, weil der Handel Umsatzeinbußen fürchtete, heute sind sie längst ein Erfolgsmodell.“
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Akuter Mangel an Sonderausstellungsflächen
Doch natürlich geht es Klar nicht nur um den Verkehr, sondern mindestens ebenso um die Kunst. „Museen sind gierige Raumfresser“, sagt er mit einem Lächeln und erklärt, dass mindestens 75 Prozent der bestehenden Sammlung aktuell nicht gezeigt werden. Der mögliche Erweiterungsbau würde allerdings nicht in erster Linie als Depot dienen, denn Kunsthalle und Galerie der Gegenwart haben einen akuten Mangel an Sonderausstellungsflächen.
In Letzterer verfüge jedes Stockwerk gerade mal über 800 Quadratmeter, 1300 Quadratmeter seinen aus seiner Sicht aber die Untergrenze für große Sonderausstellungen, wie sie von der Kunsthalle als einem der wichtigsten europäischen Häuser erwartet werden. „Wir sind schlicht nicht dafür ausgestattet“, erklärt Klar. Wenn etwa ab Mitte Januar Werke von Giorgio de Chirco im edlen Hubertus-Wald-Forum der Kunsthalle gezeigt werden, so sei das sicher wunderbar, doch eigentlich brauche eine solche Schau mit de Chircos Metaphysischer Malerei ganz andere, viele variablere Räumlichkeiten.
Workshop soll Ideen für den Erweiterungsbau liefern
Am Randes einer Veranstaltung mit Förderern und einigen Architekten habe er eine Erweiterungsidee erstmals öffentlich gemacht und darüber gesprochen, wie ein „ikonisches Museum des 21. Jahrhunderts“ aussehen könnte. Möglicherweise wäre der Bau grün und in den Bewuchs der Wallanlagen integriert, vielleicht würde er die Straße überspannen, auf jeden Fall müsste er sich ins Gesamtbild, zu dem Kunsthalle und Galerie der Gegenwart gehören, einfügen.
„Wir brauchen natürlich Visualisierungen, um das Projekt voran zu bringen“, weiß Alexander Klar, deshalb sei im Laufe der kommenden Monate mit namhaften Museumsarchitekten und einigen Architekturstudenten ein Workshop geplant. Erste Entwürfe würden gewiss das Interesse stark befeuern.
Die Kunst im Stadtbild deutlich präsenter machen
Vom neuen Gebäude verspricht er sich eine Sogwirkung: „Wer heute über den Ballindamm Richtung Kunsthalle geht, bricht den Spaziergang nach der Hälfte ab, weil es so laut und unattraktiv wird, deshalb haben wir keine Laufkundschaft.“ Das könnte sich ändern, so hofft er und auch einen viel weiter reichenden positiven Effekt haben. Natürlich sei Hamburg in erster Linie eine Musikstadt, doch verfüge man eben auch über eines der führenden europäischen Häuser in Sachen Bildender Kunst. Dafür gelte es das Bewusstsein zu schärfen und die Kunst im Stadtbild deutlich präsenter zu machen.
Welch touristisches Potenzial Architektur wecken kann, zeigt nicht nur das Guggenheim Museum in Bilbao, das immer wieder als Beispiel dient. Mit der Elbphilharmonie liegt ein Besuchermagnet mit architektonischer Strahlkraft gerade mal 2,5 Kilometer entfernt.
Klar setzt auf Spender und Stiftungen
Ein solches Mega-Projekt mit explodierenden Kosten hat der Kunsthallen-Chef zwar nicht im Kopf, eine Menge Geld würde dennoch gebraucht, doch darin sieht Klar kein sonderlich großes Problem. Knapp 70 Millionen Euro habe ein Erweiterungsbau der Kunsthalle Mannheim gekostet, diese Dimension sei auch für Hamburg realistisch – und finanzierbar. „Wir haben ja sehr engagierte Spender und Stiftungen hier“, sagt er. „Auf jeden Fall reden wir von finanziellen Mitteln, die nicht alleine der Stadt abgerungen werden müssten.“
Kultur- und Finanzbehörde werden das gerne hören… Zu allererst aber gelte: „Die Hamburger Bevölkerung muss das gut finden, sonst gibt es niemanden, der so etwas finanziert. Und anders als einst bei der Elbphilharmonie werde sich heute auch kein Politiker mehr gegen den Bürgerwillen stellen.
Bis zur Vollendung könnte es zehn Jahre dauern
Ob er selbst eine mögliche Einweihung als Kunsthallenchef erleben würde? „So etwas ist größer als ein einzelner Direktor“, findet Klar. Vier Jahre laufe sein aktueller Vertrag jetzt noch, zehn Jahre brauche es aber wohl, um ein solches Neubauprojekt von der Idee bis zur Vollendung zu bringen. Was bis dahin ist, kann er nicht vorhersehen, berichtet aber, dass Frau und Kinder sich in Hamburg ausgesprochen wohl fühlen …
„Keines Menschen Leben hängt am Bau eines Museums“, sagt Alexander Klar zum Schluss. „Aber es wäre ein großer Stimulus, der diese Stadt voran bringen könnte.“ Die Diskussion ist eröffnet.