Hamburg. Traditionshaus verkleinert wegen Corona seinen Saal auf ein Viertel der Plätze. Auf Programm stehen auch Knef, Ibsen und Hopkins.
Das Ernst Deutsch Theater eröffnet die neue und so noch nie dagewesene Saison am 20. August mit der Premiere von „Tyll“. Die Dramatisierung des Daniel-Kehlmann-Romans ist dem Anlass angemessen: Er spielt zur Zeit des 30-jährigen Krieges, als in Europa die Pest wütete.
In der Gegenwart heißt die Pest Corona oder Covid-19 und stellt, wie bei der Programmvorstellung am Freitag deutlich wurde, das Traditionshaus von der Mundsburg vor große Herausforderungen. Hygiene, Abstandsregeln, Besucherregistrierung, das sind so die Themen, mit denen sich Intendantin Isabella Vértes-Schütter und ihr Team derzeit beschäftigen müssen — nicht anders als andere Kulturveranstalter auch.
„Es geht in unserer gesamten Gesellschaft jetzt mehr denn je um Achtsamkeit und Respekt, wir brauchen künstlerische Impulse, um uns mit dieser Situation auseinandersetzen zu können“, sagte Vértes-Schütter. In ihrem Theater wird das nun kurzfristig unter den Vorzeichen der erzwungenen Verknappung und der planerischen Unsicherheit geschehen. Maximal 185 Menschen bietet der normalerweise 743 Plätze fassende Hauptsaal in den kommenden Monaten Platz. Wegen der Abstands-Maxime ist jede zweite Reihe demontiert worden, auch zwischen den Besuchern ist genug Platz, sofern sie nicht zu einem Haushalt gehören.
Das heißt: Drei Viertel der Einnahmen könnten nun erst einmal pro Abend wegbrechen. Genau möchte allerdings derzeit noch niemand das heftige Loch in der Kasse beziffern. Niemand weiß, wie ausgelastet der so deutlich verkleinerte Saal sein wird. Klar ist bislang lediglich, dass zunächst für die erste Saisonhälfte mit den minimierten Zahlen gerechnet wird. Je nach Infektionsgeschehen verlängert sich die Frist, oder sie verkürzt sich.
Spannende Saison
Der großen Unwägbarkeiten ungeachtet steht nach Lage der Dinge zumindest die kreative Komponente der Theaterunternehmung. „Tyll“ (Regie: Erik Schäffler) wird vom 20.8. bis zum 26.9. laufen, in den Hauptrollen agieren Rune Jürgensen, Ines Nieri und Mignon Remé.
Insgesamt werden acht Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne stehen und dabei 40 Figuren verkörpern. Eine größere Ensemblegröße ist wegen der Pandemie-Regeln nicht möglich. Weitere Stücke auf dem Theaterplan sind Gilla Cremers „So oder so — Hildegard Knef“ (8.10.-7.11.), das 2004 am St. Pauli Theater seine Uraufführung erlebte.
2000 Euro für jeden Künstler in Hamburg – so geht's:
Die Disziplin „Lustspiel“ wird 2020/21 mit Eugène Labiches „Die Affäre Rou de Lourcine“ (26.11.-8.1. 2021) Regie: Wolf-Dietrich Sprenger) abgedeckt. Die Hauptrollen spielen Stephan Benson, Maria Hartmann, die im Ernst Deutsch Theater zuletzt in „Dinge, die ich sicher weiß“ zu sehen war, und EDT-Debütant Christian Nickel. Letzterer ist auch in der nächsten Ibsen-Inszenierung „Nora“ (14.1.-14.2. 2021, Regie: Christoph Tomanek) zu sehen, unter anderem neben der ebenfalls doppelten EDT-Debütantin Katharina Abt, die zudem in John Hopkins’ „Diese Geschichte von Ihnen“ (11.3.-11.4.2021, Regie Harald Weiler) spielt. Das Dietrich-und Piaf-Stück „Spatz und Engel“ (Regie: Torsten Fischer) ist für die Zeit vom 15.4. bis 15.5. 2021 geplant, Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ soll vom 20.5. bis zum 27.6. gegeben werden. Das diesjährige Weihnachtsmärchen ist der Grimmsche „Froschkönig“ (13.11.-23.12.). Wie Inszenierungen etwa des Bundesjugendballetts aussehen werden, ist alles andere als sicher: Wegen der Pandemie-Regeln könnten sie in der ursprünglichen Form nicht stattfinden, so Vértes-Schütter.
Auch wegen der Treue seiner Abonnenten hat das EDT finanziell bis hierhin durchgehalten. Sie dürften einer in vielerlei Hinsicht spannenden und ungewohnten Saison entgegenblicken.
Alle Informationen und Tickets unter www.ernst-deutsch-theater.de