Hamburg. Hamburger Häuser wie das Chocoversum oder das Spicy’s leiden besonders unter den Pandemie-Auflagen. Probier-Konzepte sind kompliziert.

Im Besprechungsraum leuchtet an der Wand das Wort „Glücklich“. Doch der Schriftzug spiegelt die aktuelle Gemütslage von Ulrike Al­brecht, verantwortlich beim Chocoversum by Hachez für Marketing, Vertrieb und Presse, nicht wirklich wider, denn das Schokoladen-Museum, seit 2011 am Chilehaus ansässig, ist wegen der Corona-Pandemie in einer schweren Krise. 80 Kollegen sind in Kurzarbeit.

Dabei könnte das Chocoversum schon seit Wochen wieder geöffnet sein, der Senat hat die entsprechenden Verfügungen für Museen und Ausstellungshäuser gelockert. Kunsthalle oder Deichtorhallen können die Corona-Auflagen – keine Führungen, keine Verkostungen, nur eine Person pro 20 Quadratmeter – stemmen. Nicht aber das Chocoversum.

Chocoversum leidet unter Corona-Auflagen

„Mit den Auflagen ist unser Produkt nicht umsetzbar“, sagt Ulrike Albrecht. „Unser Konzept basiert darauf, dass unser Gästeführer in 90 Minuten Wissen über Schokolade vermittelt und der Gast an jeder Station etwas verkosten darf, um den Herstellungsprozess auch sinnlich nachzuvollziehen.“ Zwar lagern am Eingang Pakete mit Masken für Besucher, auch Hinweisschilder, die zur Abstandspflicht mahnen, hat das Chocoversum bereits für den Tag X anfertigen lassen.

Doch wann es wieder öffnen wird, ist unklar. „Wir müssen komplett neu denken, wie wir ein attraktives Produkt – unabhängig von allen Hygienemaßnahmen – gestalten können, das auch wirtschaftlich tragfähig ist“, sagt die Marketingexpertin. Angedacht ist etwa, dass die Zahl der Teilnehmer bei Führungen von 40 auf 15 reduziert wird.

Albrecht hätte sich mehr Unterstützung von der Kulturbehörde gewünscht

Ulrike Albrecht hätte sich mehr Unterstützung von der Kulturbehörde gewünscht, der Fokus habe zu sehr auf den großen Museen gelegen: „Leider waren wir bei den entscheidenden Gesprächen nicht dabei.“ Sie hat dafür kein Verständnis, zumal ihr Haus mit 200.000 Besuchern im Jahr zu den Publikumsattraktionen der Stadt zählt.

Laut Sprecher Enno Isermann steht die Kulturbehörde „im regelmäßigen Austausch mit dem Chocoversum und Spicy’ s Gewürzmuseum und berät über Fördermöglichkeiten, Hygienekonzepte und Lockerungen“. Wie in allen Bereichen des öffentlichen Lebens erfordere die aktuelle Situation auch in den Vermittlungsformen der Museen „die Entwicklung alternativer Konzepte. Statt offensiver Verkostungen wäre beispielsweise das Mitgeben vorbereiteter Proben denkbar“, so Isermann.

Möglichst zu Beginn der Sommerferien will das Chocoversum wieder durchstarten. Als ersten kleinen Schritt zurück in die Normalität hat der Museumsshop seit Kurzem wieder geöffnet. Wobei sich die angespannte finanzielle Situation damit nur unwesentlich verbessern wird, denn das Chocoversum kann mit seiner Lage am Chilehaus kaum auf Laufkundschaft hoffen. In der Regel decken sich nur die Gäste der Ausstellung hier mit Schokolade in allen Variationen ein. Im Internet hat das Chocoversum inzwischen eine Unterstützer-Kampagne gestartet. Wer spendet, wird mit Schokolade belohnt.

Speicherstadtmuseum tief in der Corona-Krise

Auch das Speicherstadtmuseum steckt tief in der Corona-Krise – ausgerechnet in seinem 25. Jubiläumsjahr. „Die lange Kriminacht“ – abgesagt. „Kaffee – die ganze Vielfalt der Aromen“ – entfällt. Ebenso wie die vielen weiteren geplanten Veranstaltungen. „Von den gut 52.000 Besuchern, die wir letztes Jahr hatten, kamen rund 14.000 im Rahmen von privaten und öffentlichen Führungen, Verkostungen und Krimilesungen. Allein diese Zahl zeigt bereits, welches Gewicht bei uns Veranstaltungen und Führungen haben“, sagt Leiter Henning Rademacher. Hinzu komme der allgemeine Einbruch des Tourismus. „Wir sind ja eher ein Haus für Auswärtige, auch wenn ‚alte Hamburger‘ bei uns immer wieder viel Neues entdecken“, so Rademacher.

Das Gewürzmuseum Spicy’s hat mitsamt seinem Gewürzshop wieder täglich geöffnet. Die Besucherzahlen halten sich allerdings noch in Grenzen.
Das Gewürzmuseum Spicy’s hat mitsamt seinem Gewürzshop wieder täglich geöffnet. Die Besucherzahlen halten sich allerdings noch in Grenzen. © Gewürzmuseum

Bis zu den Ferien hat die privat betriebene Außenstelle des Museums der Arbeit nur an den Wochenenden geöffnet. Immerhin kann dann die beliebte Kinder-Rallye „Kalle, de lütte Quartiersmann“ stattfinden, weil es sich dabei nicht um eine Gruppenführung handelt. Die Kinder bekommen an der Kasse einen Fragebogen, mit dem sie das Museum selbstständig erkunden können, indem sie Fragen beantworten und kleine Aufgaben lösen - coronasicher. Um die freien Mitarbeiter während der Krise zu unterstützen, wurde die Online-Ausstellung „Fenster zur Speicherstadt“ ins Leben gerufen, verbunden mit der Bitte um Spenden.

Gewürzmuseum feiert einsamen Geburtstag

Einen einsamen Geburtstag feierte auch das benachbarte Gewürzmuseum Spicy’s. Seit 27 Jahren können Besucher auf einem Lagerboden 900 Jahre Hamburger Gewürzgeschichte anhand von antiken Geräten und Maschinen sowie Schnupper- und Tastinseln erleben. Genau das war in den vergangenen Monaten ein Problem: Schnuppern und Anfassen aus Hygienegründen strengstens untersagt. Beliebte Veranstaltungen wie die „Hanseatische Pfeffersacktour“ mit Barkassenfahrt oder das „Kulinarische Speicherstadtpaket“ mit anschließendem Essen im Restaurant „Schönes Leben“ mussten gestrichen werden.

Bürgermeister und Senat über den Corona-Stand in Hamburg:

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„Eine sehr schwierige Situation für uns, denn wir finanzieren uns rein privat“, sagt Inhaberin Viola Vierk. Um einigermaßen durch die Krise zu kommen, lockt der Online-Shop mit einem zehnprozentigen Rabatt, wird auf der Website für den Kauf von Wertgutscheinen oder Gutscheinen für den Museumseintritt geworben. „Diese sind unbefristet gültig und sichern uns weiterhin eine finanzielle Grundlage“, so Viola Vierk.

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Mittlerweile hat das Haus im Unesco-Weltkulturerbe Speicherstadt mitsamt seinem Gewürzshop wieder täglich geöffnet; die Besucherzahlen halten sich allerdings in Grenzen, die Umsatzverluste liegen bei 150.000 Euro. Die Corona-Soforthilfe von 14.000 Euro ist längst aufgebraucht. Ob im Juli wieder Veranstaltungen stattfinden dürfen, weiß die Spicy’s-Chefin nicht. Vom Senat gebe es dazu keinerlei Perspektive. Die Lage bleibt für alle drei Häuser ausgesprochen schwierig.

Infos zu den Häusern: chocoversum.de und speicherstadtmuseum.de und spicys.de