Hamburg. Am Donnerstag startete das „Vrham! Virtual Reality & Arts Festival“. Die Werke sind bis zum 4. August online zu erleben.
Oculus Rift, Oculus Quest, HTC Vive … so weit alles klar oder eher nur Bahnhof? Wer sich bislang noch nicht mit virtueller Realität beschäftigt hat, also weder den Mount Everest bestiegen hat, ohne aus der Puste zu kommen, noch mit einem Raumschiff durchs simulierte All gedüst ist, bekommt in den nächsten Tagen und Wochen allerhand Gelegenheit dazu. Heute startet das Vhram! Virtual Reality & Arts Festival in Hamburg. In den beiden Jahren zuvor wurde im Oberhafenquartier gefeiert. Da aktuell keine Großveranstaltungen stattfinden dürfen, wird unter dem Motto „Virtual“ vier Tage lang aus dem virtuellen Museum of Other Realities (MOR) gesendet, das der Gleishalle optisch nachempfunden wurde.
Künstlerinnen und Künstler aus zwölf Ländern haben insgesamt 18 Kunstwerke zum Festival beigesteuert, darunter Filme, aber auch einige Performances, die das kollektive Erleben in einen physischen Raum einbetten. In dem brasilianischen Beitrag „Gravity VR“ begegnen wir den teetrinkenden Brüdern Osorio und Benedito, die in einer Welt ohne Mauern und Grenzen dahinschwebend leben, mit viel Routine und ganz ohne Adrenalin. Der Kanadier Michel Lemieux lässt die Benutzer in seiner Mixed-Reality-VR „Icarus“ durch Ganzkörper-Tracking in den Mythos des jungen Mannes eintauchen, der sich beim Griff zur Sonne die Flügel verbrennt. In dem 360-Grad-Projekt „New World“ setzen sich das dänisch-amerikanische Duo Harris/Grancini mit der realen Bedrohung durch die Corona-Pandemie auseinander.
Kultur ist ein wichtiges Gut
In „7 Lives“ wird der Sprung eines Mädchens vor einen einfahrenden Zug simuliert, inklusive der dadurch entstehenden Traumatisierungen bei den sieben Augenzeugen. Ein nationales Trauma verarbeitet der dokumentarische Film „Daughters of Chibok“: 2014 entführte die Terrorgruppe Boko Haram 276 Schülerinnen aus der nigerianischen Stadt Chibok. Es wird thematisiert, wie die Bewohner mit diesem Schicksal umgehen und wie weltweit über Geschlechtergerechtigkeit und das Recht auf Bildung diskutiert wird.
„Go instead of look at.“ Das Motto des US-amerikanischen Happening-Künstlers Allan Kaprow ist auf der Website von Ulrich Schrauth zu lesen. Der Initiator und künstlerische Leiter des Festivals würde sich nicht gerade als Techie bezeichnen; der frühere Betriebsdirektor des Thalia Theaters kam über die Kunst zur Erzeugung künstlicher Wirklichkeit. „Gerade während der Corona-Krise erfahren wir, dass Kultur ein wichtiges Gut ist. Das Tolle an Virtual-Reality-Kunst ist, dass wir uns in Zeiten des eingeschränkten Radius virtuell an andere Orte begeben und Kunst gleichzeitig mit anderen Menschen erleben können, ohne die physische Distanz in der Realität zu verringern.“
Kunstgenuss ohne Ansteckungsgefahr
Kunstgenuss ohne jegliche Ansteckungsgefahr also. Um diesen erleben zu können, braucht man die oben erwähnten VR-Brillenmodelle. Sie haben jeweils zwei hochauflösende Displays zur Darstellung von Bildern und zur Erfassung von Lage und Position des Kopfes. Wenn zwischen Sensorik und Bilddarstellung weniger als elf Millisekunden verstreichen, hat der Betrachter das Gefühl, in der neuen Welt präsent zu sein. Normalerweise könnten Schrauth und seine Mitarbeiter Besuchern die Kunst und vielen Live-Performances vor Ort zeigen und ihnen auch die Schwellenangst nehmen, indem sie zusammen mit ihnen eine VR-Brille testen und erste Sehversuche starten.
Die Festivalenergie wird nun digital mit Veranstaltungen, Workshops und Moderationen erzeugt. Die Besucher gehen als Avatare durch das virtuelle Museum, entdecken dort verschiedene Ausstellungsräume und Erklärtafeln zu den VR-Kunstwerken, in die sie dann eintauchen können.
Virtuelle Realität auch in der Kunst auf dem Vormarsch?
Um die Kunstwerke möglichst real zu erleben, benötigen die Teilnehmer nun die notwendige Ausstattung zu Hause. Doch auch wer keine VR-Brille besitzt, kann die Kunstwerke in 2-D-Optik besichtigen. Der schnellste Weg ins MOR führt über die Vrham!-Website, auf der detailliert über den Zugang informiert wird. Um so viele Menschen wie möglich zu erreichen, werden die gesamten Inhalte auch auf dem YouTube-Kanal des Festivals abgespielt. Die Kunstwerke der Ausstellung sind bis zum
4. August zu besichtigen.
Was ist erlaubt, was nicht? Fragen an den Bürgermeister
Für die Zukunft sieht Ulrich Schrauth virtuelle Realität auch in der Kunst auf dem Vormarsch: „Ich glaube, dass die Neugierde auf das Medium durch die aktuelle Situation verstärkt sein kann, also dass Künstlerinnen und Künstler eher anfangen mit dem Medium zu arbeiten, oder erste Gehversuche aus der Vergangenheit jetzt noch einmal aufgreifen und sie mehr ausprobieren.“
„Vrham! Virtual Reality & Arts Festival“, 4.–7.6. im Museum of Other Realities (MOR), www.vrham.de. Das gesamte Festivalprogramm wird über den YouTube-Kanal von „Vrham!“ gestreamt.
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden