Hamburg. Ein Besuch im Haus am Dammtor, das jetzt wieder Filme zeigt – natürlich mit umfangreichem Corona-Sicherheitskonzept.
Pfingstsonntag, Viertel nach sieben vor dem Cinemaxx Dammtor: Wo sonst das Publikum Richtung Abendvorstellungen drängt, herrscht große Leere. Ein riesiges Plakat am Gebäude wirbt immer noch für den Start des Marvel-Films „Black Widow“ am 30. April: Relikt aus der Zeit vor Corona; mittlerweile ist der potenzielle Blockbuster mit Scarlett Johansson auf Ende Oktober verschoben. Und wer weiß, was dann ist ...
Irgendwie soll das Kinoleben nach dem Shutdown jetzt aber weitergehen, und in Hamburg geht das Cinemaxx mit seinen Häusern in Wandsbek und am Dammtor voran. Eine Handvoll Filme von den „Känguru-Chroniken“ bis zum „Unsichtbaren“ sind im Angebot, der Einheitspreis liegt bei unschlagbaren 4,99 Euro. Doch schon ein Blick in die Online-Saalpläne zeigt, dass allem Anfang nicht zwangsläufig ein Zauber innewohnt. Die Buchungslage ist … übersichtlich. Und das, obwohl das Cinemaxx auf seiner Website verspricht: „Mit unserem Sicherheits- und Hygienekonzept werden wir den offiziellen Vorgaben voll und ganz gerecht – denn die Gesundheit von euch und unseren Mitarbeitern hat für uns höchste Priorität.“
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Wann neue Filme anlaufen, ist ungewiss
Tatsächlich ist getan worden, was getan werden kann: Plexiglasscheiben an den Kassen, genauestens markierte Laufwege zu Kinosälen, Snackverkauf und Toiletten, Desinfektionsmittelspender, Sammelstelle für Kontaktbögen (jeder Gast muss einen ausfüllen) und natürlich große Abstände zwischen den Besuchern oder Besuchergruppen in den Sälen selbst. Mund-Nase-Masken sind als Teil des Hygienekonzepts verpflichtend und dürfen erst am Platz abgelegt werden.
Die Besucher seien glücklich, wieder kommen zu können, ist von Mitarbeitern zu hören, manche hätten sich sogar beim Personal bedankt. Der Wunsch nach Normalität ist groß, aber was ist schon normal in diesen Tagen? Das Kinoprogramm jedenfalls nicht. Im Angebot sind ausschließlich ältere Filme aus der Zeit vor den Kinoschließungen, wann Neustarts kommen, ist ungewiss: Die Verleihfirmen brauchen viele Kinos mit gut gefüllten Sälen, damit sich ein Start für sie finanziell lohnt. Unter den jetzigen Umständen werden die Filme zurückgehalten.
Jeder muss auf seinem Platz bleiben
Melina Uhlhorn und Florian Hanßen sind trotzdem gekommen. In Hagenbecks Tierpark waren die beiden schon, jetzt sei „endlich“ auch wieder Kino möglich. Angst vor Ansteckung hätten sie hier nicht, sagen die beiden, die Abstände zwischen den Sitzplätzen seien ja sehr groß. Bei den Eltern, die teilweise zu einer Risikogruppe gehören, wäre das aber sicher anders, die Vorsicht größer. Und in ein voll besetztes Kino würden sie selbst auch nicht gehen. So aber freuen sie sich auf „Das perfekte Geheimnis“, ein Film von „Fack ju Göhte“-Regisseur Bora Dağtekin über ein Abendessen unter Freuden, bei dem jede auf den Handys eingehende Textnachricht vorgelesen, jeder Anruf mitgehört wird – was zu allerlei Beziehungschaos führt.
Damit es im Saal zu keinerlei Chaos kommt, passt das Cinemaxx-Personal genau auf: Als ein Besucher sich umsetzt, ist sogleich eine Mitarbeiterin zur Stelle, die ihn freundlich auffordert, wieder seinen ursprünglichen Platz einzunehmen. Nur so lassen sich im Zweifelsfall Infektionsketten nachvollziehen.
Es fehlt die Erlebnis-Atmosphäre einer gut gefüllten Abendvorstellung
Dann erlischt das Saallicht und es geht tatsächlich los – mit ein paar Trailern, die noch nicht aktualisiert sind und auf Filmstarts im zurückliegenden Frühjahr hinweisen. Weitere Werbung gibt es nicht und auch sonst ist manches anders: Bei so großen Abständen zwischen den wenigen Besuchern ist der Nacho-Popcorn-Geräuschpegel sehr gering, auch die nervigen Wir-gehen-zum-Quatschen-ins-Kino-Kleingruppen fehlen. Natürlich ist das angenehm, doch zugleich fehlt eben die Erlebnis-Atmosphäre einer gut gefüllten Abendvorstellung.
Bleibt Aufmerksamkeit für alles andere, das sich im Saal tut, etwa für die dezente Nieserin weiter vorn. Ein kurzer Gedanke an die Flugkraft der Aerosole kommt auf, gerade angesichts der jüngsten Ansteckungen in geschlossenen Räumen, bei Gottesdiensten, privaten Feiern und Restaurantbesuchen. Und doch hat die Gefahr etwas irreales, wohl auch, weil sich im Film alle permanent umarmen, küssen oder ohrfeigen und natürlich keine Sekunde lang den Mindestabstand einhalten. Prä-Corona eben.
Gewöhnungsbedürftig: Vollkommen leergefegtes Foyer nach Filmende
Einen Film wieder auf der großen Leinwand zu sehen, tut jedenfalls gut, doch das Drumherum ist gewöhnungsbedürftig. Auch der Gang nach Filmende durch das vollkommen leer gefegte Foyer, in dem um kurz nach 21.30 Uhr nicht einmal mehr die Kassen besetzt sind, weil es keine Spätvorstellungen gibt.
Wann sich das wieder ändert? Niemand weiß es, aber alle sehnen es herbei, nicht nur im Cinemaxx.