Bayreuth. Erst fällt die Festspielchefin krankheitsbedingt aus, jetzt muss der Geschäftsführer Holger von Berg gehen.
Dafür, dass es in diesem Jahr gar keine Bayreuther Festspiele gibt, ist viel los auf dem Grünen Hügel. Erst wurde bekannt, dass Festspielchefin Katharina Wagner wegen einer schweren Erkrankung länger ausfällt – und jetzt, nur rund einen Monat später, verkünden die Festspiele den Abschied von Geschäftsführer Holger von Berg im kommenden Jahr. Die Festspiel-GmbH habe „sich entschlossen“, den bis April 2021 laufenden Vertrag mit von Berg nicht zu verlängern, heißt es am Montag in einer sehr knappen Mitteilung. „Der bisherige kaufmännische Geschäftsführer wird nach der Beendigung seiner Tätigkeit in Bayreuth eine neue Aufgabe beim Freistaat Bayern im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst in München übernehmen.“
Von Berg selbst, der seit April 2016 zweiter Geschäftsführer neben Katharina Wagner ist, sagte, die Entscheidung habe nichts mit der derzeitigen Situation zu tun und sei ihm schon im November mitgeteilt worden. Dass seine letzte Saison nun eine ist, in der die Festspiele wegen der Corona-Pandemie ausfallen müssen, sei bedauerlich.
Kurz nach seinem Amtsantritt vor vier Jahren hatte von Berg gesagt: „Es muss sich einiges ändern. Aber gut Ding will Weile haben.“ Viele Mitarbeiter im Haus seien noch in den alten Strukturen verwurzelt aus der Zeit, in der die Festspiele ein Familienunternehmen waren.
Retten, was zu retten ist
In von Bergs Verantwortungsbereich fallen unter anderem der Kartenverkauf und die Festspielhaus-Sanierung, während Katharina Wagner eher für den künstlerischen Part verantwortlich ist. Verträge mit Sängern und Musikern müssen aber immer von beiden Geschäftsführern unterschrieben werden – ein Grund dafür, dass die Festspiele Wagners Erkrankung im April öffentlich machten.
Seither ist von Bergs Vorgänger im Amt, Heinz-Dieter Sense, nun vorübergehend in Vertretung Wagners sein Co-Geschäftsführer und dürfte alle Hände voll damit zu tun haben, nach der coronabedingten Absage der Richard-Wagner-Festspiele in diesem Jahr zu retten, was zu retten ist. Verträge müssen neu geschlossen oder aufgelöst werden, Engagements womöglich verschoben.
Denn Corona hat die meist schon Jahre im Voraus festgelegten Spielpläne auch für die kommenden Jahre komplett durcheinandergewirbelt. So soll der „Ring des Nibelungen“, Wagners vierteiliger Opernzyklus in der Inszenierung von Valentin Schwarz, nun statt in diesem im Jahr 2022 auf die Bühne kommen. Eine organisatorische Herausforderung.
Ob die alten, oft auch eingefahrenen Strukturen, von denen er zum Amtsantritt sprach, es für von Berg auf dem Hügel schwierig gestalteten, ist unklar. Klar ist aber, dass die Situation der Bayreuther Festspiele mit dem verkündeten Abgang noch unsicherer wird als ohnehin schon: die eine Geschäftsführerin krank, der andere bald weg. Nach wie vor ist offen, wann Katharina Wagner wieder arbeiten kann. Erst kürzlich mussten die Festspiele Aussagen von Musikdirektor Christian Thielemann zu ihrem Gesundheitszustand dementieren.
„Frau Prof. Wagner ist nach wie vor schwer erkrankt und wird bis auf Weiteres ihre Tätigkeit nicht wieder aufnehmen können“, teilten die Festspiele mit, nachdem Thielemann in einem Interview das Gegenteil gesagt hatte. „Sobald sich positive Veränderungen einstellen, werden wir selbstverständlich darüber informieren“, hieß es von den Festspielen.
Die Personalie Thielemann ist ein weiterer Unsicherheitsfaktor in der Festspielleitung. Während der Vertrag von Katharina Wagner schon Ende 2019 um weitere fünf Jahre bis 2025 verlängert wurde, steht eine solche Verlängerung bei Thielemann noch aus – und das, obwohl sein Vertrag als Musikdirektor und damit dritter Teil des Führungstrios der Festspiele schon im Herbst dieses Jahres ebenfalls ausläuft.