Hamburg. Die Lange Nacht der Museen hätte an diesem Wochenende Jubiläum gefeiert, stattdessen gibt es zahlreiche Online-Aktionen.

Es hätte ein rauschendes Fest werden sollen – 20 Jahre Lange Nacht der Museen! Mit Ausstellungen und Aktionen in 60 teilnehmenden Häusern, Bühne auf dem Deichtorplatz, Partymeile vor dem Hafenmuseum, so wie im vergangenen Jahr, als schon ein Hauch Sommer die rund 28.000 Besucher durch diese nicht enden wollende Kulturnacht trug. Und nun, ausgerechnet im Jubiläumsjahr, wird aus alldem nichts.

Schon Mitte März musste der veranstaltende Museumsdienst Hamburg die Reißleine ziehen und den Termin streichen. Nun findet an diesem Sonnabend ein digitales Museumsfestival statt. Eigens dafür produzierte Videos, virtuelle Führungen, Mitmachaktionen für Kinder und Musik werden bei Facebook und YouTube ab 18 Uhr freigeschaltet. Alle Aktionen sind auch auf einer extra eingerichten Webseite gesammelt. So, wie eben alles Kulturelle nur auf diese Weise stattfindet, solange Corona wütet.

Großer Hunger auf Kunst

„Gerade weil wir in diesem Jahr das 20. Jubiläum feiern, war es uns wichtig, etwas auf die Beine zu stellen“, sagt Vera Neukirchen, Leiterin des Museumsdienstes. Und obwohl sich alle Museumsmacher mittlerweile total digital aufgestellt, neue Formate entwickelt und vermutlich auch ein neues, jüngeres Publikum damit erreicht haben – ist es natürlich trotzdem kein adäquater Ersatz. Weil Kunst einfach nicht ohne persönliches Erleben, Austauschen, Diskutieren, Genießen, Streiten geht. Wie hatte es Kunsthallen-Direktor Alexander Klar so treffend formuliert: „Fußball und Museum sind nur schön mit Fans. Die Bilder sehen sich nicht selbst an.“

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Ja, der Hunger auf Kunst ist groß. Und ebenso die Hoffnung, dass etwas für viele so Selbstverständliches und nun auf einmal noch Kostbareres tatsächlich bald wieder möglich sein wird. So Peter Tschentscher (SPD) es Ende kommender Woche ankündigt, könnten die Museen die ersten kulturellen Einrichtungen (nach den Öffentlichen Bücherhallen) sein, die Anfang Mai wieder öffnen dürfen. Schon jetzt arbeiten die Ausstellungshäuser an einem gemeinsamen Plan für den Neustart, unterstützt von Kultursenator Carsten Brosda (SPD): „Ich würde mir sehr wünschen, dass nach dem 30. April die Öffnung der Museen möglich wird. Das wäre gerade für Familien ein sehr gutes Angebot in diesen Zeiten.“

Kunststoff- oder Glasschutz an den Kassen

Ideen zur Umsetzung gibt es in vielen Häusern bereits: Das Personal soll den empfohlenen Abstand von 1,5 Metern überwachen, es wird ein Kunststoff- oder Glasschutz an den Kassen errichtet. Besuchern wird empfohlen, während des Museumsbesuchs einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.

„Flagge zeigen“ – so hatte es Kultursenatorin Christina Weiss in ihrem Grußwort zur ersten Langen Nacht der Museen geschrieben. Am 19. Mai 2001 eröffnete Herbert Hötte, damals Leiter des Museumsdienstes, „das erste große gemeinsame Ereignis (fast) aller Hamburger Museen“. Über 25.000 Besucher strömten in die 26 Ausstellungshäuser. Das Motto: „Erleuchtungen“. Das Erotic Art Museum lud zu einer SM-Gesprächsrunde, in der Kunsthalle traf man sich zum gemeinsamen Nacht-Aktzeichnen, im Museum für Kunst und Gewerbe wurden „Mitternachtsspitzen“ auf dem Laufsteg gezeigt und im Museum für Völkerkunde Tango getanzt.

Museum wurde zum Ort der Begegnung

„Mein Mann war sehr aufgeregt bei der Premiere“, erinnert sich Erika Hötte, die Witwe des vor acht Jahren bei einem Verkehrsunfall verstorbenen Gründers. Sie begleitete ihren Mann jedes Jahr zum Empfang und war auch bei der Bustour mit Senatoren und Staatsräten dabei. „Wohin es ging, war jedes Mal eine Überraschung. Dass man auf diese Weise auch die kleinen, unbekannten Museen kennenlernte, fand ich besonders inspirierend.“ Mit der Idee, pro Haus ein besonderes Event anzubieten, gelang es dem Team, die Museen zu öffnen und mehr Besucher anzuziehen, vor allem jüngere Menschen und Familien. Sie hätten „gegen viele Widerstände ankämpfen müssen, aber es war klar, dass die Museumslandschaft sich verändern muss“, so die 63-Jährige.

„Es hatte etwas Geheimnisvolles, dieser Blick hinter die Kulissen“, findet auch Ursula Richenberger. „Das hatte es zuvor noch nie gegeben. Gleichzeitig verlor das Museum seinen sakralen Charakter, wurde zum Ort der Begegnung. Ich war fasziniert davon, was die Lange Nacht an Besuchermassen bewegen kann. Und zwar kein Partyvolk, das mit offenen Bierflaschen durch die Ausstellungen wankt, sondern ein wirklich an Inhalten interessiertes Publikum.“

Zur Premiere wurde das Toilettenpapier knapp

Die 49-Jährige, heute Projektleiterin des Deutschen Hafenmuseums, arbeitete 2001 als Freiberuflerin am Altonaer Museum und führte in der ersten Langen Nacht durch die Ausstellung „Werften – Menschen – Schiffe im Hamburger Hafen 1957“ des Fotografen Herbert Dombrowski. „Es war das erste Mal, dass ich mit dem Hafen in Kontakt kam“, sagt Ursula Richenberger, die häufig gefragt wird, wie man als Schweizerin ein Hafenmuseum leiten könne. Eine kuriose Parallele von damals zur aktuellen Situation: Da man nicht mit so vielen Besuchern gerechnet hatte, wurde das Toilettenpapier knapp …

Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

  • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
  • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
  • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
  • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
  • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

Sechs Jahre lang koordinierte sie das Programm der Langen Nacht am Altonaer Museum, später am (kleinen) Hafenmuseum. Auch intern habe dieses besondere Format einiges bewirkt, die vielen Menschen, die im Hintergrund arbeiten, sichtbar gemacht, neue Talente hervorgebracht. Sie sei überrascht gewesen, wie manch ein Kollege zur „Rampensau“ wurde.

Das Museumsfest ist für Ursula Richenberger immer noch etwas Besonderes: „Nirgendwo sonst kommt man mit so vielen Menschen über Kunst und Kultur in Kontakt, ist der Austausch so intensiv.“ In dieser Nacht wird dieses Miteinander im Netz stattfinden. Nach 20 Jahren wieder eine Premiere.