Hamburg/Rüspe. Film „100.000 – Alles, was ich nie wollte“ hatte eigentlich keinen Verleih – nun dürften viele Abonnenten am Sonnabend einschalten.

Zuerst wollte die Filmindustrie ihn nicht unterstützen, nun unterstützt er die Kinos. Der umtriebige Filmemacher und Musiker Fynn Kliemann, der im kleinen Dorf Rüspe im niedersächsischen Kreis Rotenburg an der Wümme lebt, wollte eigentlich am 29. Mai den Dokumentarfilm „100.000 – Alles, was ich nie wollte“ in die Kinos bringen. Daraus wird aus den bekannten Gründen aber nichts. Stattdessen wird er an diesem Sonnabend, 25. April, online gezeigt, und zwar nur an diesem einen Tag. Ein Viertel des Gewinns, der beim Kauf der virtuellen Kinokarten erzielt wird, geht an die Kinos. Für diese Aktion haben die Hamburger Henriette Ahrens und Ole Hellweg extra einen Filmverleih gegründet.

Kliemann, der sich einen „heimwerkelnden Webdesigner“ nennt, hat auf YouTube eine große Anhängerschaft. Seine drei Kanäle auf der Plattform verzeichnen zusammen schon mehr als 200 Millionen Aufrufe. Bekannt geworden ist er durch schnell geschnittene Videos, die sich durch eine Mischung aus musika­lischen Versuchen, Witz und selbstironisch präsentierten Ungeschicklichkeiten auszeichnen.

Alternativen Produktionen den Weg ins Kino bahnen

„Das Wichtigste ist, dass man etwas Ehrliches und Echtes von sich erzählt“, erzählt er im Trailer zum neuen Film. „Wenn ich vom Tod meines Vaters erzähle, mache ich das in einem Song.“ Vor zwei Jahren kaufte er zusammen mit dem Musiker Olli Schulz das Hausboot von Gunter Gabriel, das sie zu einem Studio umbauen wollen. Bald wurde auch die Branche auf ihn aufmerksam. So gewann er unter anderem den Studio Hamburg Nachwuchspreis in der Kategorie „bestes Entertainment“.

Die aktuelle Situation wurde nicht nur aus der Corona-Not heraus geboren. Schon vorher fand sich kein Verleih für den unkonventionellen Dokumentarfilm. Also gründeten Ahrens und Hellweg, der auch der Regisseur des Films ist, den Hamburger Verleih notsold GmbH. Ziel ist, alternativen Produktionen den Weg ins Kino zu bahnen und damit besonders eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Ahrens hat an der Hamburg Media School studiert, Hellweg hat bereits Werbung und Filme produziert. Mit Kliemann haben beide schon an der Produktion „Kliemannsland“ zusammengearbeitet.

Die Premiere von „100.000“ ist am 25. April um 20 Uhr, anschließend bleibt der 80-minütige Film 24 Stunden online. Der Online-Vorverkauf hat unter www.oderso.cool/doku begonnen. Die Tickets kosten 12 Euro, man kann online das Kino auswählen, das davon profitieren soll. Allein am Osterwochenende konnten bereits 50.000 Tickets verkauft werden. Mehr als 100 Kinos haben sich bundesweit bei notsold gemeldet, um an der Aktion teilzunehmen. In Hamburg ist das Zeise dabei.

Kliemann auf YouTube: „Fynn Kliemann“, „Kliemannsland“, „Fynn Kliemann Musik“​