Hamburg. Bald kommt die Maskenpflicht. Wer sein Gesicht verhüllte, galt in der Geschichte von Kunst und Kultur zumeist als dubiose Figur.

Zum Beispiel Zorro. Zorro, der schwarze Rächer, ist zwar obenrum verhüllt, aber halt: ganz oben. Astreine Augenmaske. Gegen Corona null Wirkung. Dennoch gehört die Figur aus der Trivialliteratur zu den heldenhaften Maskenmännern. Genauso wie Superman, Batman, Spiderman: Letztere beiden tragen neben Strumpfhosen auch Textilien im Gesicht. FFP2- oder FFP3-Wirkung? Wer weiß das schon. Die Superkräfte eines Peter Parker (verkleidet ist er der Spinnenmann) oder Bruce Wayne (als Fledermaus-Typ dieser Tage aber eher dubios, so insgesamt) hätten wir besonders jetzt auch gerne: Da käme kein Virus gegen an.

Es sind mit die bekanntesten Gesichter der Populärkultur, die immer schon maskiert aus dem Haus gehen. Und dennoch ist die Maske auch in der Kunst- und Kulturgeschichte, besonders aber im alltäglichen Leben ein überwiegend negativ besetzter Gegenstand. Wer sie trägt, verschleiert seine Identität und führt etwas im Schilde, oft ist es nichts Gutes. Die Maskerade ist dann ein Hilfsmittel der Lüge, ein Akt des Betrugs. Sie tarnt das Wollen dessen, der sie trägt. Eine Maske ist ein Fake-Gesicht.

Masken spielten schon in der Antike eine Rolle

Sie kann, das wollen wir nicht verschweigen, aber auch Spaß und Spielerei sein. Wäre dem nicht so, gäbe es das TV-Format „The Masked Singer“ und den Rapper Cro nicht. Auch Karneval ist kein Treffen von Schurken. Und wer würde ernsthaft behaupten, dass die verhüllten Anonymous-Aktivisten mit ihren Guy-Fawkes-Masken durch und durch schlechte Menschen seien?

Zorro hatte Mund und Nase frei.
Zorro hatte Mund und Nase frei. © picture alliance / Everett Collection

Die ganz alte Nummer mit den Masken stammt von religiösen Riten her, spielte zum Beispiel schon in der Antike im griechischen Theater eine Rolle. Wo die Schauspieler mit fröhlicher Maske (dem „zweiten Gesicht“) Komödianten waren oder mit weinender Tragöden. Masken waren Katharsisverstärker.

„Ich bin dein Vater.“ Erkennt Luke aber nicht gleich, klar.
„Ich bin dein Vater.“ Erkennt Luke aber nicht gleich, klar. © picture alliance

Und Garanten des Grusels: Wer Leute erschrecken will, braucht nur als Horrorclown durch die Gegend zu springen. Ach ja, den Sex darf man natürlich nicht vergessen. Erotische Maskenbälle (man denke an Schnitzler und Kubricks „Eyes Wide Shut“) sollen angeblich zünftige erotische Versteckspiele sein.

Gigantischer Kulturbruch

Mit der Gegenwart und ihrem nun anstehenden gigantischen Kulturbruch (zumindest im Westen) haben all die früheren Maskeraden rein gar nichts zu tun. Wenn wir uns jetzt bis auf Weiteres allesamt mit Mund-und-Nasen-Schutz begegnen, betreten wir maximal unbekanntes Terrain. Wir zeigen uns dem anderen zunächst nicht mehr als die, die wir eigentlich sind. Wie wird sich das anfühlen, wenn wir uns vermummt gegenübertreten? Wenn wir nicht mehr ohne Weiteres am Gesicht erkennbar sind?

Maskenpflicht in Hamburg: Bürgermeister beantwortet Fragen

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    Eine Vermutung: Es wird in der Tat sehr schnell sehr normal sein und keine psychischen
    Deformierungen nach sich ziehen. Warum auch, es ist, weil alle Zeichen dafür sprechen, nur temporär. Und solange man seine Kinder nicht permanent vor die Frage stellen muss, ob das wirklich Papa oder Mama ist, der oder die da einen Lappen über der Nase hängen hat, geht’s ja noch.

    Gesellschaft­licher Zusammenhalt

    Außerdem ist die neue Bedeutung der Maske eingebettet in das mindestens solidarische Narrativ. Selbst wer allein Sozialdistanz und Handhygiene für Corona-Killer hält, zeigt als moderner Maskenbürger guten Willen. Die Maske sollte der Stoff sein, aus dem die Politiker- und Sonntagsreden gewebt sind, die das gleichzeitige Erleben derselben Beschwernisse behaupten und den gesellschaft­lichen Zusammenhalt beschwören.

    Cro ist der Mann mit dem Pandahelm – Maskerade als Spiel.
    Cro ist der Mann mit dem Pandahelm – Maskerade als Spiel. © picture alliance/dpa

    Heißt: Wer sich maskiert, handelt in diesem Fall moralisch einwandfrei. Die Maske, stets umgeben von der Aura des Zweifelhaften, wird nun zum vollendet Guten, potenziell Menschenleben Rettenden – wenn man sie denn klug verwendet – umgewidmet. Künftig werden wir uns bei Horrorfilmen nicht mehr in die Hosen machen. Wir werden hinter jedem grell verhüllten Gesicht eine gute Tat vermuten. Scharade und Camouflage werden ein besseres Image haben, es kann gar nicht anders sein.

    Der Maskenbildner ist jedenfalls der Modemacher des Augenblicks. Sein Produkt kann allenfalls ästhetischen Schrecken hervorrufen, im besten Falle aber näht er keine Design-Unfälle, sondern modische und schicke Accessoires, die zwar Gesichter verstecken, aber dennoch Identitäten herstellen. Man kann zum Beispiel Masken mit Fußball- oder Landeswappen tragen. Man kann anstatt dieser Bekenntnisse aber auch einfach nur ein nettes Muster oder eine angenehme Farbe verwenden, ganz ohne Raute oder ähnlichen Quatsch.

    Die Maske als unzweifelhafter Ausweis der guten Absicht

    Und so oder so werden es, wie einige Kommentatoren früh prophezeiten, dereinst Masken sein, die später in den Häusern der Geschichte und Archiven der Zeitgeschichte für das schwierige und herausfordernde Jahr 2020 stehen werden. Corona wird von vielen eben jetzt schon gedanklich musealisiert – weil man nicht früh genug, verständlicherweise, das ganze Drama hinter sich haben möchte.

    Da schließt sich der Kreis: Mit Maskendisziplin wird es schneller gehen. Mit der Maske als unzweifelhaftem Ausweis der guten Absicht.

    Wo man in Hamburg Stoffmasken kaufen kann

    In der ganzen Stadt bieten Geschäfte und Schneidereien häufig auch selbst genähte Stoffmasken an, die meist zwischen 8 und 20 Euro kosten. Hier eine kleine Auswahl:

    • &erna Stoffladen an der Großen Brunnenstraße 76
    • Albayram Textil-Atelier an der Goernestraße 5
    • Schneiderin Aytül Cevikol am Hofweg 31
    • Clean Heels an der Großen Theaterstraße 30
    • Fisherman Uwe in der Rindermarkthalle (Feldstraße)
    • Schneiderbude an der Kollaustraße 7
    • Schneidermeister K. Frech an der Brandstwiete 58
    • Leo Luna an der Methfesselstr. 60.
    • Die Saseler Schuhmacherei am Saseler Parkweg 2 näht auch Masken. Wer eigenen Stoff mitbringt, bezahlt 5 Euro pro Stück.
    • Nicht im Geschäft an der Gasstraße, aber im Internet unter können Kunden bei dem Maßkonfektionär Dolzer Mund-Nasen-Masken im Fünferpack für 39.90 Euro – für Kinder für 29,90 Euro – ordern.